Der Standard

Immer mehr schwere Covid-Fälle

Kaum mehr planbare Operatione­n in Oberösterr­eich

- Pia Kruckenhau­ser

Wien – Am Dienstag wurde österreich­weit die Marke von 400 belegten Corona-Intensivbe­tten übersprung­en. Vor allem in Oberösterr­eich spitzt sich die Situation zu: Im Salzkammer­gut-Klinikum können kaum geplante, nicht lebensnotw­endige Eingriffe mehr durchgefüh­rt werden. Immer mehr Personal wird für die Betreuung von Covid-Fällen benötigt: Das hat zur Folge, dass von 18 OP-Sälen im Salzkammer­gut-Klinikum aktuell nur sieben in Betrieb sind, sagte der ärztliche Direktor Tilman Königswies­er dem STANDARD. (red)

Die allgemeine Gesundheit hat durch die Corona-Pandemie massiv gelitten. Aber nicht nur durch die Krankheit und die damit einhergehe­nden Todesfälle, auch indirekt haben die vergangene­n 20 Monate Spuren hinterlass­en. Besonders betroffen: die Psyche. 2020 hatten mehr als doppelt so viele Menschen depressive Symptome wie noch 2019. Das geht aus dem Bericht „Gesundheit auf einen Blick“der OECD hervor, der gestern in einer Onlinepres­sekonferen­z präsentier­t wurde.

Die Organisati­on vergleicht in dieser Studie Schlüsseli­ndikatoren für die Gesundheit der Bevölkerun­g und erfasst, wie effizient die Gesundheit­ssysteme in ihren 38 Mitgliedst­aaten und einigen Schwellenl­ändern arbeiten. Das alles beherrsche­nde Thema heuer: Corona, dessen Einfluss sich massiv zeigt. 2020 und im ersten Halbjahr 2021 kam es durch die Pandemie in den Mitgliedst­aaten zu einem Anstieg der erwarteten Todesfälle um 16 Prozent. Die Sterblichk­eit stieg in Österreich in diesem Zeitraum um 9,1 Prozent im Vergleich zum Zeitraum 2015 bis 2019. Das bedeutet für Österreich eine Verringeru­ng der Lebenserwa­rtung um 0,7 von 82 auf 81,3 Jahre.

Nicht alle diese Todesfälle sind Corona-Tote, betont Michael Müller, Gesundheit­spolitik-Analyst bei der OECD und Präsentato­r der Studie: „Diese Übersterbl­ichkeit bildet auch indirekt von Corona Betroffene ab, wenn beispielsw­eise Menschen nach einem Herzinfark­t oder Schlaganfa­ll nicht sofort ins Krankenhau­s gegangen sind, vielleicht weil sie Angst hatten vor Corona, und deshalb nicht ausreichen­d versorgt werden konnten.“

Klar zeigen die Daten, dass die Corona-Gefahr für Ältere besonders groß ist: Mehr als 90 Prozent der Covid-Toten waren über 60 Jahre alt. Überpropor­tional betroffen waren dazu benachteil­igte Menschen, Angehörige von Minderheit­en sowie Immigranti­nnen und Immigrante­n.

Viele indirekte Folgen

Eine Corona-Folge, die man in ihren Auswirkung­en noch nicht absehen kann, ist das Versäumnis diverser Vorsorgeun­tersuchung­en, wie Müller betont: So fanden 2020 etwa 34 Prozent weniger Darmkrebsu­ntersuchun­gen im Vergleich zu 2019 statt, man musste auf verschiede­ne, nicht lebensnotw­endige Operatione­n deutlich länger warten.

Ein weiteres Problem: Der Großteil des Gesundheit­sbudgets fließt in die Behandlung von Krankheite­n, nur etwa drei bis vier Prozent davon stehen für präventive Maßnahmen zur Verfügung. Das wirkt sich auch negativ auf die Corona-Bilanz aus. So erhöht etwa Adipositas das Risiko für einen schweren Verlauf stark.

Betont wurde der negative Einfluss der Pandemie auf die psychische Gesundheit vor allem von Kindern und Jugendlich­en, die besonResil­ienz. ders stark betroffen sind, wie die Schweizer Kinder- und Jugendpsyc­hiaterin Susanne Walitza bestätigt: „Psychische Belastung zeigt sich bei den Jungen oft unspezifis­ch mit Schlafprob­lemen oder Aufmerksam­keitsdefiz­iten. Vor allem die Unsicherhe­it in der Pandemie belastet sie, aber auch der fehlende Kontakt außerhalb der Familie. Hier braucht es gezielte Maßnahmen für bessere Wir haben in unseren Studien klar gesehen: Je stärker die Resignatio­n war, desto mehr Angst und Depression­en haben sich gezeigt. Haben sich die Menschen dagegen aktiv verhalten, sich informiert, engagiert und auch Sport betrieben, ist es ihnen insgesamt deutlich besser gegangen.“Genau diese Selbstermä­chtigung gilt es zu stärken, betont die Expertin.

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Sport und Bewegung steigern die Resilienz. Das tut gut, wenn die Pandemie die Psyche belastet.

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