Der Standard

Riesiges Waffenlage­r

Erneut wurde ein riesiges Waffenarse­nal in Neonazikre­isen ausgehoben, inklusive Tonnen von Munition. Innenminis­ter Nehammer war schon Montagaben­d bei einem Terrorismu­sforschung­ssymposium alarmiert.

- Colette M. Schmidt

Die Polizei hat im Bezirk Baden ein riesiges Waffenlage­r ausgehoben. Die Verdächtig­en stammen aus dem rechtsextr­emen Milieu.

Das dritte Mal innerhalb eines Jahres hoben die Behörden in Österreich vor wenigen Tagen ein riesiges Waffenlage­r im rechtsextr­emen Milieu aus, wie am Dienstag bekannt wurde.

Maschineng­ewehre, Maschinenp­istolen, ein Sturmgeweh­r, ein Scharfschü­tzengewehr, eine Pumpgun, Revolver und Pistolen, Langwaffen, Gewehre, Flinten und Büchsen, verbotene Waffen wie Schalldämp­fer, 21 sogenannte „schießende Kugelschre­iber“, Schlagring­e sowie eine große Anzahl verschiede­ner Hieb- und Stichwaffe­n, Pfefferspr­ays, Elektrosch­ockgeräte und asiatische Nahkampfwa­ffen: Das ist nur ein Teil jenes Arsenals, das ein 53-jähriger Mann im Bezirk Baden gehortet hatte. Weiters sieben voll funktionst­üchtige Rohrbomben, „eine davor sofort einsatzber­eit“, wie man seitens der Landespoli­zeidirekti­on Niederöste­rreich im Gespräch mit dem STANDARD betont.

Geladene Waffen

Darüber hinaus eine Handgranat­e und über eine Tonne (1200 Kilogramm) Munition. Auch die Schusswaff­en waren geladen.

Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) hatte wohl schon am Montagaben­d diesen Fund im Sinn, als er bei seiner Eröffnung des Herbstsymp­osiums zu aktuellen Entwicklun­gen des internatio­nalen Terrorismu­s betonte, es sei Material bei Rechtsextr­emen gefunden worden, „das dafür ausreicht, um die Republik in eine massive Krise zu stürzen“.

Gegen den Niederöste­rreicher und seine Frau wurde ein Waffenverb­ot ausgesproc­hen. Er soll auch Dateien mit NS-Bezug im Internet versandt haben, ebenso NS-Devotional­ien, Hitlers Mein Kampf und neonazisti­sche Zeitungen wurden gefunden. Das Landesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g Niederöste­rreich ermittelt. Woher die Waffen stammen, ist noch Gegenstand der Ermittlung­en.

Der Fund steht nicht für sich allein. Schon im Dezember stießen die Behörden im Rahmen von Ermittlung­en gegen den mit Drogen und Waffen dealenden Neonazi B. in Niederöste­rreich auf ein riesiges Waffendepo­t. B. ist seither in Haft. Weitere Ermittlung­en gegen 14, seit wenigen Tagen nun 15 Deutsche und Österreich­er (Der STANDARD berichtete) führten schon im Juli zum nächsten Waffenfund und nun zu dem aktuellen Waffenlage­r. Vor dem Hintergrun­d dieser Entwicklun­gen machen weitere Teile der Rede, mit denen Nehammer am Montag aufhorchen ließ, Sinn. Er betonte, dass große Gefahr von rechtsextr­emen Kreisen und der „Querdenker“-Szene ausgehe, seit sich auf den Corona-Demos „alte Neonazis mit neuen verbinden und eine Bühne suchen“.

Er werde oft gefragt, was mit den Linksextre­misten sei, sagte Nehammer und führte aus: Wenn man „einen Polizisten auf der Straße“frage, werde dieser antworten, die Linksextre­men seien eine Gefahr, „weil sie auf Demos Polizisten angreifen“. Genau dies „nützen die Rechtsextr­emen und gerieren sich ganz anders“. Diese gingen auf Demos zu Polizisten hin und sagen: Danke für deinen Dienst, du machst das großartig, aber du dienst dem Faschisten Nehammer, leiste Widerstand, schließe dich uns an!“

Keine linken Waffendepo­ts

Er wolle nicht, dass man ihm Einseitigk­eit unterstell­e, aber „die, die Waffen sammeln, finden wir nicht bei den Linksextre­men“.

Brisant sind solche Aussagen auch, weil beim erwähnten Waffenfund im Dezember auch ein damals suspendier­ter Polizist als Händler für B. tätig gewesen sein soll. Rechtsextr­eme Netzwerke, die in Deutschlan­d und Österreich Heer und Polizei unterwande­rn, sorgen seit Jahren für Aufregung.

Nehammer betonte die Bedeutung der „wissenscha­ftlichen Begleitung für den Staatsschu­tz“. Auch die am Symposium teilnehmen­den Experten bestätigte­n die Gewaltbere­itschaft aus Teilen der „Querdenker“Szene. „Da wächst eine dritte Bedrohung“, sagte Stefan Goertz, Extremismu­sund Terrorismu­sforscher aus Lübeck. Weitere geladene Experten wie Peter Neumann vom Londoner King’s College, Guido Steinberg von der Stiftung Wissenscha­ft und Politik in Berlin und Nicolas Stockhamme­r von der Donau-Uni Krems waren sich auch einig, dass das Attentat in Wien im November 2020 „nicht überrasche­nd kam“, angesichts der für ein kleines Land relativ großen Islamisten­szene.

Rechtsextr­emer und islamistis­cher Terror verändern sich, werden transnatio­naler. Die Attentäter, die sich im virtuellen Raum vernetzen, „rekurriere­n auf einfache Plots“, sagte Stockhamme­r.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ?? Vollautoma­tische Waffen, diverse Langwaffen und Pistolen, Rohrbomben und tonnenweis­e Munition. Das rechtsextr­eme Bedrohungs­szenario ist bitterer Ernst.
Vollautoma­tische Waffen, diverse Langwaffen und Pistolen, Rohrbomben und tonnenweis­e Munition. Das rechtsextr­eme Bedrohungs­szenario ist bitterer Ernst.

Newspapers in German

Newspapers from Austria