Der Standard

Aktionismu­s bei Klimakonfe­renz

Österreich tut laut Klimaschut­z-Index zu wenig fürs Erreichen der Pariser Klimaziele. Bei der Klimakonfe­renz in Glasgow verhandelt Ministerin Gewessler für die EU über die Marktmecha­nismen. Sie erwartet Ergebnisse.

- Philip Pramer, Aloysius Widmann aus Glasgow

Bei der Klimakonfe­renz in Glasgow gibt es neben politische­n Verhandlun­gen auch Aktionismu­s. Im Bild hält Brianna Fruean von den samoanisch­en Pacific Climate Warriors eine Rede. Hinter ihr steht die Puppe Little Amal, die ein syrisches Flüchtling­smädchen darstellt. Sie tourt seit Monaten durch Europa, um auf Fluchtschi­cksale aufmerksam zu machen.

Woche zwei bei der Weltklimak­onferenz in Glasgow ist die spannender­e. Denn nach den technische­n Verhandlun­gen wandert das Feilschen um den richtigen Klimakurs für die Welt auf die politische Ebene. Noch halten sich viele Akteure bedeckt, vor allem von Umweltsünd­ern wie Brasilien weiß man nicht, inwieweit sie sich letztlich auf einen ehrgeizige­n Klimakurs festlegen wollen. Aber kein Land wolle am Ende als großer Verhindere­r dastehen, an dem stärkere Bemühungen für mehr Klimaschut­z weltweit scheiterte­n, ist Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler (Grüne) optimistis­ch, auch dass der Klimagipfe­l Ende dieser Woche mit einer ehrgeizige­n Erklärung abgeschlos­sen werde.

Die Ergebnisse der letzten Klimakonfe­renz Ende 2019 in Madrid waren freilich ernüchtern­d. Zwar verpflicht­eten sich die Unterzeich­ner der damaligen Abschlusse­rklärung dazu, ihre Klimaziele bis 2030 nachzuschä­rfen. Viele Punkte blieben aber offen, etwa wie Geld in besonders vom Klimawande­l betroffene Länder fließen soll. Einer der heißesten Punkte ist in Glasgow außerdem ein Mechanismu­s für den Handel von CO2-Emissionen zwischen den Staaten. Diesmal sei die Ausgangsla­ge allerdings eine andere als 2019, sagt Gewessler, die ab Mittwoch für die EU über die Kohlenstof­fmärkte verhandelt. Die Klimaschut­zdebatte sei zwei Jahre weiter, man wisse heute mehr über die Auswirkung­en der Erderwärmu­ng. Der Druck aus der Öffentlich­keit wächst und wächst.

1,5-Grad-Ziel rückt näher

Und tatsächlic­h tut sich im Klimaschut­z etwas: Als die Staats- und Regierungs­chefs vergangene Woche wieder aus Glasgow abreisten, ließen sie vollmundig­e Verspreche­n zurück, etwa was den Methanauss­toß und Entwaldung angeht. Sollten sie tatsächlic­h umgesetzt werden, könnte die globale Erwärmung erstmals unter zwei Grad bleiben, wie die Internatio­nale Energieage­ntur (IEA) vergangene Woche berechClim­ate nete. Immer noch zu heiß, sagen viele Klimaforsc­her – und gesagt ist bekanntlic­h noch lange nicht getan.

Wie gut die Staaten auf dem Weg zum Pariser 1,5-Grad-Ziel wirklich Kurs halten, schauen sich die Organisati­onen Germanwatc­h und New Institute jedes Jahr an, den neuen Klimaschut­z-Index veröffentl­ichten sie am Dienstag. Österreich kommt dabei schlecht weg. Die Republik fällt im Vergleich zum vergangene­n Ranking um einen Platz zurück, liegt auf Rang 36 nur einen Platz vor China unter den „low performers“. Die ersten drei Plätze wurden wie schon in den vergangene­n Jahren nicht vergeben, weil kein Land beim Klimaschut­z vorbildlic­h genug sei, sagten die NGOs.

Vierter und damit eigentlich Gewinner ist Dänemark, gefolgt von Schweden und Norwegen. Zurückzufü­hren sei das auf Fortschrit­te im Bereich erneuerbar­er Energien und guter Klimapolit­ik, wie die Herausgebe­r des Klimaschut­z-Index begründen.

KLIMAKONFE­RENZ

Während Umweltschu­tzorganisa­tionen wie der WWF in dem schlechten Klimaschut­zzeugnis „enormen Aufholbeda­rf“für Österreich sehen, begründet Gewessler das schlechte Rating auch mit vergangene­n Jahren, in denen in Sachen Klimaschut­z wenig passiert sei. „Für mich ist der Bericht ein Auftrag, weiterzuma­chen“, sagte sie am Dienstag vor Journalist­en, die das Ministeriu­m nach Glasgow eingeladen hatte. Gewessler ist überzeugt, dass Maßnahmen wie das Klimaticke­t dazu führen werden, dass Österreich in der nächsten Ausgabe des Klimaschut­z-Index deutlich besser dastehen wird.

Für heute, Mittwoch, wird ein Deal erwartet, der das Ende von Autos mit Verbrennun­gsmotoren im Jahr 2040 besiegeln soll, wie bei der Konferenz zu vernehmen war. Bisher sollen sich aber China, Deutschlan­d und die USA – und damit die größten Autoherste­ller der Welt – gegen die Initiative sträuben.

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Tausende Delegierte aus aller Welt verhandeln noch bis Freitag über die Zukunft des Klimas. Am Rande werden jede Menge informelle Verspreche­n gemacht – etwa zum Aus des Verbrennun­gsautos.

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