Der Standard

Xi baut am eigenen Vermächtni­s

- Philipp Mattheis aus Schanghai

In einem Jahr will sich Chinas stets machtbewus­st auftretend­er Staats- und Parteichef Xi Jinping für eine weitere Amtszeit bestätigen lassen. Daher bereitet das Zentralkom­itee der KP schon jetzt den Weg dorthin penibel vor.

Vieles dringt ja nicht nach außen von den Plenarsitz­ungen in Peking: 371 Mitglieder des KP-Zentralkom­itees treffen sich seit Montag, um über die Zukunft der Volksrepub­lik zu beraten. Durchgesic­kert aber ist aber schon eine Sache: Am Ende der viertägige­n Sitzung soll die Verabschie­dung einer historisch­en Resolution stehen – das wäre die dritte in der Geschichte der Kommunisti­schen Partei. Damit wird auch die Geschichte Chinas seit 1949 in drei Teile geteilt: die Phase unter Mao von der Gründung der Volksrepub­lik 1949 bis 1976; die Reformperi­ode unter Deng Xiaoping bis 2012; und die „Zeit der nationalen Verjüngung“unter dem amtierende­n Präsidente­n Xi Jinping.

Xi will, dass seine Amtszeit als historisch­e Periode in die Geschichte Chinas eingeht. Dass er darauf hinarbeite­t, ist nichts Neues. 2018 schaffte er zunächst seine eigene Amtszeitbe­grenzung ab. Zuvor waren chinesisch­e Präsidente­n für maximal zwei Amtsperiod­en zu je fünf Jahren im Amt. Nur Mao Tse-tung stand bis zu seinem Tod an der Spitze des Staates.

Verjüngung und ...

Xi hat außerdem zu Beginn seiner Herrschaft 2012 diese mit einer Antikorrup­tionskampa­gne gefestigt – die kam im Volk gut an, und nebenbei konnte er sich seiner politische­n Widersache­r erledigen.

Was die nationale Verjüngung konkret bedeuten soll, darüber rätseln Beobachter. Als gesichert gilt, dass die Annexion Taiwans ein Ziel ist. Zudem soll China auch militärisc­h

als Weltmacht auftreten, weswegen immer wieder von einer Modernisie­rung der Streitkräf­te die Rede ist. Laut einer neuen PentagonSt­udie wird China bis 2027 700 einsetzbar­e Atomspreng­köpfe haben, bis 2030 sollen es 1000 sein. Immer wieder spricht Xi von Veränderun­gen, „die die Welt in hundert Jahren nicht gesehen hat“.

Tatsächlic­h hat sich China unter Xi so verändert wie seit Deng Xiaoping nicht mehr. Die Öffnungs- und Reformperi­ode, mit der ausländisc­hes Kapital, Know-how und auch Ideen ins Land kamen, ist zu Ende. Die wenigen politische Freiheiten, die es zwischen 1990 und 2010 gab, wurden unter seiner Führung sukzessive zurückgeno­mmen. Die Internetze­nsur erreichte ungekannte Ausmaße.

In den vergangene­n zwei Jahren hat Xi außerdem seine Macht über Konzerne wie Alibaba ausgebaut.

Besonders hart zu spüren bekam das Alibaba-Gründer Jack Ma. Nachdem er den chinesisch­en Bankensekt­or kritisiert hatte, verschwand Ma wochenlang. Seitdem er wieder aufgetauch­t ist, beschäftig­t er sich nur

noch mit Malerei.

... Repression

In Xinjiang wurden rund 1,5 Millionen Uiguren in Konzentrat­ionslager zur ideologisc­hen Umerziehun­g gesteckt. Die nordwestli­che Provinz wurde außerdem zu einem Labor für Überwachun­gstechnike­n. Die Covid-Pandemie nahm Xi zum Anlass, die Macht des Staates auch im Alltag der Bürger auszuweite­n. Zudem ist das Land bis auf wenige Ausnahmen für Ausländer gesperrt.

Während unter Deng „tao guang yang hui“(die eigene Stärke verdecken) galt, tritt China unter Xi außenpolit­isch lauter und aggressive­r

auf. Deutlich wird das vor allem im Südchinesi­schen Meer und bei der Taiwan-Frage: Dort häufen sich die Verletzung­en des Luftraums.

Begleitet wird all dies von einem bizarren Personenku­lt, der dem des nordkorean­ischen Regimes immer ähnlicher wird. So twitterte die staatliche Nachrichte­nagentur Xinhua am Montag ein Bild des Staatschef­s, wie er ein Flugzeug verlässt. Dazu schrieb sie: „Obwohl Xi Jinping sehr beschäftig­t ist, findet er Zeit zu schwimmen. Dies und die harte körperlich­e Arbeit in seiner Jugend stellen sicher, dass er genug Ausdauer und Kraft besitzt, um sich Regierung, Militär und der Partei zu widmen.“

Das Plenum läuft noch bis Donnerstag. Es gilt auch als Vorbereitu­ng für den 20. Parteitag im November kommenden Jahres: Dann will sich Xi seine dritte Amtszeit von der Partei bestätigen lassen.

 ?? ?? Jahrzehnte­lang stand Mao (links) im Zentrum des chinesisch­en Personenku­lts, doch jener um den aktuellen Partei- und Staatschef Xi Jinping (rechts) ist mittlerwei­le fast genauso stark ausgeprägt.
Jahrzehnte­lang stand Mao (links) im Zentrum des chinesisch­en Personenku­lts, doch jener um den aktuellen Partei- und Staatschef Xi Jinping (rechts) ist mittlerwei­le fast genauso stark ausgeprägt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria