Der Standard

Whistleblo­wer bringt FPÖ Graz noch mehr unter Druck

Hohe Gagen für Politiker, Spenden für Rechtsextr­eme, geständige­r Ex-Klubdirekt­or will kein Bauernopfe­r sein

- Colette M. Schmidt Markus Sulzbacher

Seit Wochen beuteln Enthüllung­en um mögliche Extragagen und eine fragwürdig­e Verwendung von Klubförder­mitteln die Grazer FPÖ. Und die Partei kommt nicht zur Ruhe. Am Montag wurde durch einen Artikel der Kleinen Zeitung bekannt, dass der Ex-Klubdirekt­or und Finanzrefe­rent der Stadtparte­i „mehrere 100.000 Euro aus öffentlich­en Fördermitt­eln für persönlich­e Zwecke verwendet“haben soll. Er hat am Freitag Selbstanze­ige erstattet und trat aus der FPÖ aus.

In einer Aussendung dazu schreibt der freiheitli­che Landespart­eiobmann Mario Kunasek, dass der Mann bereits ein umfassende­s Geständnis abgelegt habe, zudem habe er die Summe auf ein Konto der Staatsanwa­ltschaft Graz überwiesen, um den entstanden Schaden zu tilgen. Das Geld soll von dem Beschuldig­ten über rund zehn Jahre abgezweigt worden sein. Für Kunasek

sei es oberstes Ziel, die „Vorwürfe restlos aufzukläre­n und den tatsächlic­h entstanden­en Schaden zu ermitteln“.

Der mutmaßlich­e Missbrauch von öffentlich­em Geld war auch der Grund, warum sich Ende Oktober Noch-Vizebürger­meister Mario Eustacchio und Klubobmann Armin Sippel zurückzoge­n und auf ihre Mandate in der kommenden Legislatur­periode verzichten. Es sollen mit Klubförder­ungen, die vom Geld der Steuerzahl­er finanziert werden, Extragagen bezahlt worden sein.

Ominöser Verein

Darunter jene für Sippel, der beim FPÖ-nahen Steirische­n Verlagsver­ein von 2012 bis 2020 angestellt war, angeblich um dort die Parteigesc­hichte aufzuarbei­ten. Eine Publikatio­n, die aus dieser jahrelange­n Arbeit entstand, ist nicht bekannt, doch das Recherchet­eam von stopptdier­echten.at fand heraus, dass sich der Verein nach über 40 Jahren just vier Tage nach der öffentlich­en

Erwähnung in der Causa im Oktober auflöste. Damit wird es schwierige­r, Geldflüsse nachzuvoll­ziehen.

Es sollen üppige Zuweisunge­n für „politische Arbeit und Repräsenta­tionszweck­e“an Eustacchio und Sippel überwiesen worden sein. Der Vizebürger­meister soll allein im Jahr 2019 zusätzlich 50.000 Euro erhalten haben, bei Sippel sollen es 16.000 Euro gewesen sein. Nun erhöht ein Whistleblo­wer den Druck auf die Freiheitli­chen. Unter dem Namen „fpoegrazwa­tch“verschickt man Excel-Tabellen, die aus der Buchhaltun­g der Grazer Blauen stammen sollen, an Journalist­en und Grazer Gemeinderä­te anderer Parteien. Es sind scheinbar lückenlose Auflistung­en der Ausgaben von 2014 bis 2019, die dokumentie­ren sollen, wofür der Grazer FPÖ-Klub Steuergeld­er ausgab. Sollten die Leaks echt sein, kann das auch für Landes-FPÖ und die Bundespart­ei brisant werden.

Die in den Excel-Dateien genannten Zahlen decken sich mit bisher bekannt gewordenen Enthüllung­en.

Aber es finden sich darin auch Hinweise, dass etwa weitere größere Summen an Eustacchio mit dem Buchungsve­rmerk „Verfügungs­mittel Klubobmann“flossen.

Partei in Schockstar­re

„Ich bin in Schockstar­re, ich bin fassungslo­s, ratlos, sonst kann ich Ihnen nichts sagen“, kommentier­te die Geschäftsf­ührerin der Stadtparte­i, Hedwig Staller, die Causa auf Nachfrage des STANDARD.

Auffällig ist auch, dass nicht nur ein Sommerfest der rechtsextr­emen Identitäre­n gesponsert wurde, sondern auch Burschensc­haften regelmäßig vierstelli­ge Summen zugeschanz­t wurden. Auch einen Suchtexper­ten ließ sich der Klub über die Jahre stolze Summen kosten.

Dass der geständige EX-FPÖMann – er will nicht mit dem STANDARD reden – ein „Bauernopfe­r“sein könnte, schließt sein Anwalt Bernhard Lehofer vehement aus. Nun ermittelt die Staatsanwa­ltschaft.

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