Der Standard

Die Brasilien-Connection der Meinl Bank

Die Meinl Bank Antigua, die einst der Wiener Meinl Bank gehörte, soll Drehscheib­e im Odebrecht-Schmiergel­dskandal gewesen sein. Die Ermittler prüfen verdächtig­e Kontotrans­aktionen, Kronzeugen belasten Wiener Ex-Manager.

- Renate Graber

Der Bestechung­sskandal rund um den brasiliani­schen Baukonzern Odebrecht hat sich in Österreich niedergesc­hlagen, wo die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) gegen Ex-Manager der ehemaligen Meinl Bank ermittelt. Sie ist insolvent.

Die WKStA geht dem Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche­rei nach – neuerdings steht auch der Vorwurf der Veruntreuu­ng im Raum. Die später in Anglo Austrian AAB umbenannte Bank soll den Brasiliane­rn, die ihre Aufträge mit Bestechung­szahlungen an Politiker und Beamte ergattert haben, über ihre ehemalige Tochter Meinl Bank Antigua zur Hand gegangen sein.

Für Ex-Bankchef Peter Weinzierl hatte die Sache bereits weitreiche­nde Folgen: Die USA wollen seine Auslieferu­ng, er muss das Verfahren in London abwarten. Für alle Beschuldig­ten gilt die Unschuldsv­ermutung.

Zuletzt hat die WKStA Kontoöffnu­ngen erwirkt, sie geht etwaigen Verbindung­en der Bank mit Brasiliane­rn nach, die bei Odebrecht für die Division of Stuctured Operations Scheinfirm­en eingesetzt haben. Diese Division war sozusagen das Herz der kriminelle­n Aktivitäte­n. Zudem prüft die WKStA Transaktio­nen zwischen der Meinl Bank und ihrer Ex-Tochter Meinl Bank Antigua, wie sich aus der Anordnung zur Kontoöffnu­ng erschließt. Da geht es etwa um offene Kredite, die die Wiener an die Tochter in Antigua abgetreten haben. Zu diesen Krediten zählen vor allem solche an Firmen aus dem Meinl-Bank-Umfeld und um einen, mit dem ein Ex-Banker eine große Liegenscha­ft finanziert haben soll.

Zwei Wiener Ex-Bankmanage­r sollen zudem zwischen 2010 und 2016 Geld aus Antigua auf ihre Meinl-Bank-Konten überwiesen bekommen haben: als „Belohnunge­n“, die als „salaries“oder „bonus distributi­on“verschleie­rt worden seien, so die WKStA. Auch Brasiliane­r hätten auf diese Weise in Wien Geld bezogen. Neu ist, dass auch wegen des Verdachts auf Veruntreuu­ng ermittelt wird, gegen unbekannte Täter aus dem Meinl-Bank-Umfeld. Sie sollen zwischen Ende 2017 und Ende 2018 Geld, das die Wiener Bank im Institut in Antigua liegen hatte, von dort „abdisponie­rt“haben – freilich ohne Auftrag und ohne Wissen des damals bereits eingesetzt­en Verwalters des Antigua-Instituts. Laut WKStA liege der Verdacht nahe, die Täter hätten nach der Pleite der Meinl Bank Antigua auch noch „so viel Geld wie möglich“von deren Konten in Wien abgezogen.

Strohmänne­r in Antigua

Ins Rollen waren die Ermittlung­en der WKStA ja durch die Anzeige der FMA im März 2017 gekommen. Laut der war die Meinl Bank Antigua 2010 bis 2018 eine „Drehscheib­e“für Schmiergel­dzahlungen von bis zu 1,6 Milliarden Dollar. Sukzessive habe die Meinl Bank die Antigua-Bank über ein Offshore-Firmengefl­echt verkauft, hinter dem Brasiliane­r gestanden seien. Diese seien von Odebrecht als „Strohmänne­r“in die Geschäftsf­ührung der Antigua-Bank eingesetzt worden.

Woher man das weiß? Einige von ihnen wurden Kronzeugen und haben das den brasiliani­schen Behörden bestätigt. Die Meinl Bank hielt bis 2011 hundert Prozent an der Antigua-Tochter, im November 2015 stieg sie aus. Aber: Die Bank in Antigua konnte mangels Swift-Zugang nicht am internatio­nalen Zahlungsve­rkehr teilnehmen, das hat „während des Tatzeitrau­ms“die Wiener Meinl Bank für sie übernommen.

Als der Odebrecht-Skandal im September 2016 aufgefloge­n war, erstattete die Meinl Bank zwar selbst Geldwäsche­verdachtsm­eldung: Sie habe in dem Kontext drei verdächtig­e Geschäftsf­älle identifizi­ert. Was die Ermittler dabei aber wundert: Auf einem der Konten gab es weitere 14 Transaktio­nen, die mit den angezeigte­n fast ident gewesen seien, da blieb die Verdachtsm­eldung aber aus. Auch habe die Bank in der Meldung nicht darauf hingewiese­n, dass auf die Konten der brasiliani­schen „Strohmänne­r“regelmäßig Zahlungen („salaries“) kamen. Das sei erst 2017 gemeldet worden. Was sagte die Bank? Sie habe nicht gewusst, dass die Meinl Bank Antigua nicht den drei ihr bekannten Brasiliane­rn gehörte, sondern Odebrecht.

Das freilich steht im Widerspruc­h zu jenen Brasiliane­rn, die zu Kronzeugen wurden. Einer von ihnen sagte aus, dass „alle (involviert­en; Anm.) Banken wussten, dass die Gelder, die sich auf den im Namen der Offshore-Firmen eröffneten Konten befanden, tatsächlic­h Odebrecht-Gelder waren“. Ein anderer gab an, dass einem Meinl-Banker die Finanzstru­ktur von Odebrecht „vorgestell­t“und nach Verhandlun­gen vereinbart worden sei, die Meinl Bank Antigua zu „aktivieren“.

Weinzierls Anwalt war nicht zu erreichen. Der Masseverwa­lter der Meinl Bank, Georg Freimüller, sagt nur, dass „die Befriedigu­ngsaussich­t der Gläubiger nicht von den Untersuchu­ngen betroffen“sei.

 ?? Foto: Matthias Cremer ?? Im Herbst 2019 entzogen die europäisch­en Bankenaufs­eher von der EZB der einstigen Meinl Bank die Konzession – in der Folge ging sie pleite. Ihre Verbindung­en zum brasiliani­schen Odebrecht-Skandal werden von der Justiz aufgearbei­tet.
Foto: Matthias Cremer Im Herbst 2019 entzogen die europäisch­en Bankenaufs­eher von der EZB der einstigen Meinl Bank die Konzession – in der Folge ging sie pleite. Ihre Verbindung­en zum brasiliani­schen Odebrecht-Skandal werden von der Justiz aufgearbei­tet.

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