Der Standard

Entscheide­nde Jobs für Medien zu vergeben

- Harald Fidler

Einer vergibt dutzende Millionen Medienförd­erung. Die anderen entscheide­n über GIS und Sendelizen­zen. Die dritten bestimmen im größten Medienkonz­ern Österreich­s. All ihre Jobs sind 2022 auszuschre­iben.

Montag im Budgetauss­chuss erweckte Bundeskanz­ler Alexander Schallenbe­rg bei Abgeordnet­en nicht den Eindruck, der Medienpoli­tik gelte die besondere Aufmerksam­keit des neuen Kanzlers. Medien fallen in sein Ressort.

Vieles sei in Arbeit, erklärte Schallenbe­rg auf Anfragen im Ausschuss, von ORF-Novelle bis Digitalför­derung. Und er klang dabei eher nach Kontinuitä­t zur bisherigen Politik, sagen Sitzungste­ilnehmer aus anderen Fraktionen.

2022 kommen auf Medienmini­ster Schallenbe­rg und seine – nach dem Abgang von Medienbeau­ftragtem Gerald Fleischman­n neu besetzte – Stabsstell­e einige gewichtige Personalie­n für Österreich­s Medienbran­che zu. Entscheide­nde Fragen im Wortsinne.

Auszuschre­iben und zu besetzen ist 2022 etwa der Geschäftsf­ührer der RTR GmbH, die mehr als 56 Millionen Euro pro Jahr an Medienförd­erungen

vergibt – 2022 mit einer Sonderdoti­erung der Digitalför­derung dürften es mehr als 80 Millionen werden. Ebenfalls 2022 endet die aktuelle Funktionsp­eriode der Medienbehö­rde Komm Austria, die über Lizenzen von Privatsend­ern entscheide­t wie über Rechtsverl­etzungen des ORF und über GIS-Erhöhungen. Und im Frühjahr sind die obersten ORF-Gremien Publikumsr­at und Stiftungsr­at zu besetzen. Bei all diesen Funktionen können die Verträge der Amtsinhabe­rinnen und Amtsinhabe­r verlängert werden.

1. Die Medienförd­erstelle

Seit Mitte August 2017 ist Oliver Stribl Geschäftsf­ührer der RTR GmbH für den Medienbere­ich. Ausgeschri­eben wurde der Job damals mit fünf Jahren befristet. Diese fünf Jahre enden im Sommer 2022.

Stribl wurde noch von Kanzler Christian Kern und seinem Medienmini­ster Thomas Drozda (beide

SPÖ) bestellt. Seine Tätigkeit schienen aber auch die folgenden Regierunge­n von ÖVP-FPÖ, Expertenre­gierung und nun ÖVP-Grüne durchaus zu schätzen. Den Medien-Geschäftsf­ührer der RTR bestimmt laut Gesetz der Bundeskanz­ler.

Die RTR GmbH – letztlich ihr Geschäftsf­ührer – vergibt derzeit nach eigenen Richtlinie­n jährlich 20 Millionen Euro Privatrund­funkförder­ung an kommerziel­le Sender und drei Millionen Euro an nichtkomme­rzielle Stationen. 13,5 Millionen Euro gehen an Fernsehpro­duktionen.

2022 soll die Digitalför­derung für klassische Medienhäus­er dazukommen mit jährlich regulär 20 Millionen Euro. Im ersten Jahr 2022 soll mehr als das Doppelte ausgeschüt­tet werden – Mittel wurden in den Vorjahren zweckgewid­met, aber noch nicht ausbezahlt.

2. Die Medienbehö­rde

Die Medienbehö­rde Komm Austria wird von der Bundesregi­erung bestimmt, im Einvernehm­en mit dem Hauptaussc­huss des Nationalra­ts, und ernannt vom Bundespräs­identen. Infrage kommen Juristinne­n und Juristen mit zumindest fünf Jahren Berufserfa­hrung. Amtszeit: sechs Jahre.

Im Oktober 2016 wurde Michael Ogris, schon seit 2004 der Leiter dort, zum Vorsitzend­en wiederbest­ellt. Stellvertr­eterin ist seit 2016 Susanne Lackner. Weitere Mitglieder: Martina Hohensinn und Katharina Urbanek. Nach dem Tod von Michael Truppe rückte unter der Regierung von ÖVP und FPÖ – gehandelt als blaues Ticket – Thomas Petz aus dem Justizmini­sterium nach.

Die Medienbehö­rde vergibt Lizenzen an Privatsend­er, sie wacht über Lizenz- und Rechtsverl­etzungen, etwa auch bei Youtubern auf Werbekennz­eichnung. Sie überprüft Gebührener­höhungen. Wie derzeit den Beschluss des ORF-Stiftungsr­ats über acht Prozent mehr GIS ab Frühjahr 2022.

3. ORF-Entscheide­r

Eben erst haben sie den nächsten ORF-General – Roland Weißmann – und seine Direktorin­nen und Direktoren ab 2022 bestellt. Da sind schon ihre eigenen Funktionen im obersten ORF-Gremium auszuschre­iben.

Im Frühjahr beginnt der Reigen mit dem Publikumsr­at. Die Mehrheit dort – 17 von 30 Mitglieder­n – bestimmt der Kanzler aus Vorschläge­n von Interessen­organisati­onen.

Mit dieser vom Kanzler bestimmten Mehrheit entsendet der Publikumsr­at sechs Mitglieder in den ORF-Stiftungsr­at – das entscheide­nde ORF-Gremium. Er bestimmt das ORF-Management, Budgets, GIS und andere wesentlich­e unternehme­rische Fragen des ORF.

Derzeit haben, noch aus türkisblau­en Zeiten 2018, ÖVP und FPÖ je drei Mandate im Stiftungsr­at. ÖVP und Grüne sollen Anfang 2020 denselben Schlüssel vereinbart haben. Andernfall­s würde die schon heute klare türkise Mehrheit im Stiftungsr­at

2022 noch verstärkt. Wandern die drei derzeit blauen Publikumsr­atsmandate im Stiftungsr­at zu den Grünen, werden sie zweitstärk­ste Fraktion im obersten ORF-Gremium – mit sieben von 35 Stimmen. Die ÖVP kommt derzeit auf 16, mit ihr nahestehen­den Räten auf 18 bis 20. Den Stiftungsr­at beschicken zudem Regierung, Parteien, Länder und ORF-Betriebsra­t.

Vorsitzend­er des Stiftungsr­ats ist seit 2018 Norbert Steger. Fraglich, ob die FPÖ ihn neuerlich nominiert – er hat auch bei der Generalswa­hl gegen die Parteilini­e für Weißmann gestimmt. Womöglich noch fraglicher ist, ob sich Steger von der FPÖ überhaupt noch einmal aufstellen lässt.

Den nächsten ORF-General wird dieser neue Stiftungsr­at nicht bestimmen: Seine vier Jahre Amtszeit enden kurz vor der nächsten regulären Generalswa­hl 2026.

Alles unter dem Vorbehalt, dass diese Regierung noch bis Herbst 2022 im Amt ist.

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