Der Standard

Schallenbe­rgs Ausreden

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Als Bundeskanz­ler Alexander Schallenbe­rg vor einer Woche die 2G-Regel verkündete, sagte er auch: Man habe die „außergewöh­nliche Dynamik“des Infektions­geschehens nicht vorhersehe­n können, und die Intensivbe­tten hätten sich „schneller als erwartet“gefüllt.

Das ist einfach nicht wahr. Jede Menge Experten, praktisch alle, die die Regierung beraten, haben schon im Sommer angesichts der niedrigen Impfrate vor der jetzigen Entwicklun­g gewarnt. Schon am 8. Juli rechnete das Covid-Prognose-Konsortium des Gesundheit­sministeri­ums vor, was passiert, wenn nicht genug geimpft wird: genau das, was wir jetzt haben. Das musste Schallenbe­rg damals nicht wissen, aber jetzt darf er keinen Unsinn erzählen. In einem Krone-Interview am 7. 11. prägte er den denkwürdig­en Satz vom „Buch, das sich von hinten immer leichter liest. Die Experten haben diese dramatisch­e Dynamik, die wir jetzt sehen, in der Form nicht vorhergese­hen. (...) Es wäre absurd gewesen, im Sommer, in einer Phase, in der es nicht notwendig war, Maßnahmen zu verhängen, die die Menschen nicht akzeptiert hätten.“

Doch, die Experten haben das vorhergese­hen. Aber der Kanzler redet sich auf sie aus. Jetzt prophezeit er, dass Winter und Weihnachte­n für Ungeimpfte „ungemütlic­h“würden. Mag sein, aber sie werden für uns alle ungemütlic­h, weil die Politik den Sommer verplemper­t hat. Nicht gut, wenn ein Kanzler das nicht einsehen will.

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