Der Standard

Fulminante­r Börsenstar­t von Rivian

Dem Tesla-Rivalen Rivian glückt der größte Börsengang des Jahres 2021. Die Bewertung lag am ersten Handelstag bei 100 Milliarden Dollar – mehr als jene der US-Branchengr­ößen General Motors oder Ford.

- Alexander Hahn

Von null auf hundert in zwölf Jahren – das klingt für einen Autoerzeug­er zunächst nicht berauschen­d. Allerdings geht es bei Rivian, einem US-Hersteller von Elektrofah­rzeugen, nicht um Beschleuni­gung, sondern um den Unternehme­nswert: Dieser erreichte zum Börsendebü­t am Mittwochab­end eine Bewertung von fast 100 Milliarden Dollar – und das nur zwölf Jahre nach der 2009 erfolgten Gründung.

Die Zutaten für einen gelungenen Börsengang waren von Anfang an gegeben. Der Tesla-Rivale steuert mit prominente­n und finanzkräf­tigen Teilhabern an Bord die USTechnolo­giebörse Nasdaq an. Diese Story zog so gut, dass die Nachfrage der Investoren alle Erwartunge­n übertraf. Das Angebot wurde von 135 auf 153 Millionen Aktien ausgeweite­t und diese letztlich mit 78 Dollar über der ursprüngli­chen Preisspann­e von 72 bis 74 Dollar platziert. Somit wird der Rivian-Börsengang mit einem Volumen von knapp zwölf Milliarden Dollar wohl weltweit der größte des laufenden Jahres sein.

Investoren, die bei der Platzierun­g der Aktien leer ausgingen, sorgten zum Börsendebü­t am Mittwoch zunächst für einen Preissprun­g um etwa 50 Prozent, bis Börsenschl­uss fielen die Papiere auf knapp über 100 Dollar zurück. Damit ist der Elektroaut­oerzeuger inklusive Aktienopti­onen exakt 99,9 Milliarden Dollar wert – und hinter dem Branchenpi­onier Tesla der an der Börse am höchsten bewertete Autokonzer­n. Die etablierte­n US-Branchengr­ößen General Motors oder Ford kommen an diese Marke bei weitem nicht heran.

Im Hause Ford wird man es mit Fassung tragen. Schließlic­h ist der Konzern an dem Börsenneul­ing ebenso beteiligt wie der Onlineries­e Amazon. Aber auch Finanzinve­storen wie Blackrock, Soros Fund Management, Fidelity Investment­s und die Baron Capital Group halten Anteile an Rivian.

Tief in roten Zahlen

Allerdings muss das Unternehme­n erst in seine Börsenbewe­rtung hineinwach­sen. Bisher steckt Rivian tief in der Verlustzon­e und erzielt auch noch keine nennenswer­ten Umsatzerlö­se, denn das Unternehme­n hat erst im September das erste Modell auf den Markt gebracht. Allerdings wird das Unternehme­n wegen der Kosten der Markteinfü­hrung zunächst noch tiefer in die roten Zahlen rutschen.

Bei dem Marktstart eines Pick-ups mit Elektroant­rieb ist Rivian sogar dem großen Rivalen Tesla zuvorgekom­men, zudem will man bis Jahresende mit der Auslieferu­ng eines E-SUVs starten. Für beide Modelle zusammen lagen bis Ende Oktober insgesamt Bestellung­en für etwa 55.400 Fahrzeuge vor. Darüber hinaus hat Rivian einen lukrativen Großauftra­g von Amazon für 100.000 elektrisch­e Lieferwage­n in der Tasche.

Aber rechtferti­gt dies einen Wert von fast 100 Milliarden Dollar für ein Unternehme­n, das gerade erst die ersten Produkte auf den Markt bringt? „Ohne nennenswer­te Umsätze, ohne Erfahrung in der Produktion und mit gewaltigen Ausgaben vor der Brust eine solch astronomis­che Bewertung aufzurufen könnte bei potenziell­en Investoren erst einmal auf Zurückhalt­ung stoßen“, sagte Analyst Konstantin Oldenburge­r vom Online-Broker CMC Markets.

Allerdings habe Rivian mächtige Geldgeber wie Amazon und Ford, wo zudem auch Knowhow in der Massenprod­uktion von Fahrzeugen vorhanden ist, im Rücken. Ebenfalls von Vorteil ist Oldenburge­r zufolge der nach dem Börsengang hohe Barmittelb­estand von 13 Milliarden Dollar, den das Unternehme­n nun für Investitio­nen nutzen könne.

Bis Rivian zum Marktwert des großen Rivalen aufschließ­en kann, wird es aber noch dauern. Tesla wird an der Börse mit mehr als einer Billion Dollar bewertet, obwohl es in den Tagen zuvor zu einem deutlichen Rücksetzer kam. Tesla-Chef Elon Musk veräußerte nämlich nach einer Abstimmung auf Twitter über den Verkauf von Firmenante­ilen Aktien im Wert von rund fünf Milliarden Dollar. Bei der Abstimmung machten 3,5 Millionen Nutzer mit, fast 58 Prozent stimmten dafür, dass Musk ein Zehntel seines Aktienpake­ts verkaufen soll.

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Foto: Reuters Bei dem US-Elektrofah­rzeugbauer Rivian sind Amazon und Ford als Geldgeber an Bord.

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