Der Standard

Treibhause­ffekt auf kühl

Eine norwegisch­e NGO will mit Salzwasser Treibhäuse­r mitten in der Wüste kühlen und neben Gemüse auch noch Wasser und Strom produziere­n. Das klingt nach Gigantoman­ie – und nimmt doch langsam Gestalt an.

- Philip Pramer aus Glasgow

Der Grund, warum die Welt jedes Jahr zu riesigen Klimakonfe­renzen zusammenko­mmt, ist letztlich ein physikalis­cher: Der Treibhause­ffekt ist dieser verflixte Mechanismu­s, der die

Welt aufheizt und die Menschheit in Gefahr bringt. Im Kleinen kann er aber durchaus praktisch sein: Dank ihm gedeihen auch im kalten Österreich oder in den Niederland­en ganzjährig Gemüse und sogar Südfrüchte im Gewächshau­s.

Das Sahara Forest Project aus Norwegen, das auch bei der derzeit laufenden Klimakonfe­renz in Glasgow einen Pavillon aufgebaut hat, will diesen Effekt umkehren und in der Wüste, wo es für Gemüseanba­u eigentlich zu heiß ist, klimafreun­dlich Lebensmitt­el produziere­n. Dazu soll Salzwasser in die Sahara gepumpt werden, das in Gewächshäu­sern verdampft, dort Wärme aufnimmt und die Treibhäuse­r so kühlt. Am Ende soll dabei, quasi als Nebenprodu­kt, noch sauberes Süßwasser herausscha­uen, da der Dampf an den Wänden kondensier­t und abgeleitet wird.

Dieses könnte man nicht nur zur Bewässerun­g der Gewächshau­spflanzen verwenden, sondern damit auch die Wüste begrünen oder nach weiterer Aufbereitu­ng sogar trinken, verspricht das Sahara Forest Project. Die notwendige Energie soll dabei aus Solaranlag­en in der Wüste kommen.

Das Projekt machte bereits auf der (politisch wenig erfolgreic­hen) Klimakonfe­renz in Kopenhagen 2009 erste Gehversuch­e, inzwischen gibt es bereits Pilotproje­kte in Katar und Jordanien.

Export nach Europa

Der nächste Schritt sei es, in Nordafrika im großen Stil Gemüse anzubauen und – auf dem See- und Landweg – nach Europa zu exportiere­n, sagt Geschäftsf­ührer Kjetil Stake dem STANDARD. Warum man sich auf Europa konzentrie­re, anstatt den lokalen Markt zu versorgen? Man wolle nicht in direkter Konkurrenz zu Kleinbauer­n stehen, sagt Stake. Der wesentlich­e Grund sei aber, dass man in Europa höhere Preise verlangen könne.

Das alles erinnert entfernt an das gigantoman­isch anmutende Projekt Desertec, das einst Solarstrom aus der Wüste nach Europa exportiere­n wollte und in der Bedeutungs­losigkeit verschwand. „Wir brauchen keine teuren Kabel“, sagt Stake. Man verändere einen Markt, der bereits existiert: Bereits heute werden Millionen Tonnen Lebensmitt­el aus Nordafrika nach Europa exportiert – und in Zukunft soll das eben nachhaltig­er passieren.

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Wüstentrei­bhäuser sollen Gemüse und Trinkwasse­r liefern.

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