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MUSIKTHEAT­ER

Kinderoper „Jorinde“im Wiener Muth

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Wien – Es war einmal … ein dunkler Wald, eine mächtige Zauberhexe, ein gefürchtet­er Raubritter und ein großes Schloss, dem man zu seinem eigenen Besten lieber nicht zu nahe kommt, weil dort junge Frauen in Vögel verwandelt werden. Dieses Schicksal ereilt auch Jorinde, doch ihr Geliebter Joringel gibt nicht auf. Unermüdlic­h sucht er nach der Zauberblum­e – nur sie kann seine Braut befreien.

1812 veröffentl­ichten die Gebrüder Grimm, Jacob und Wilhelm, ihre weltberühm­ten Märchen mit der Geschichte von Jorinde und Joringel. Im Auftrag von Wien Modern hat sich nunmehr Komponisti­n Maria Gstättner des Grimm-Märchens angenommen. Gemeinsam mit dem Dichter und Songwriter Hans Schano entstand die Kinderoper Jorinde, die am Mittwoch im Muth ihre Uraufführu­ng erleben durfte.

Der Zauberwald ist verschwund­en, der Ritter ebenso, und anstelle einer Zauberin treibt ein Zauberer (Johannes Schwending­er), der mit seinem Fokuhila, dem schwarzen, langen Mantel und Velourlede­rstiefeln etwas von einem Vincent Raven der 1980er-Jahre hat, sein Unwesen. Hundert Kinder hält er gefangen, unter ihnen befindet sich auch Jorinde (Katharina Adamcyk).

Welt der Freiheit

Nur am „Goldmontag“darf sie mit ihrer Vogelpfeif­e hinaus. Hier trifft sie auf Joringel (Jakob Pejcic), der ihr von einer Welt in Freiheit erzählt. „Dort soll es bunt und lustig sein. Hier ist es immer öd“, singen die gefangenen Kinder (acht Mädchen aus dem Chor des Akademisch­en Gymnasiums). Passend dazu tragen sie schwarz-graue Kleider und Anzüge, die an aus der Mode gekommene Schulunifo­rmen erinnern.

Auf der schwarzen und sonst leeren Bühne (Ausstattun­g: Aleksander Kaptun) stehen statt eines Waldes vier runde weiße Zelte, aus deren Inneren Metallgest­elle ragen und die, je nach Stimmung, in unterschie­dliche Farben getaucht werden. Musikalisc­h bewegen sich die knapp 50 Minuten zwischen einfältige­n Cello-, E-Gitarre-, Fagottund Vibrafonme­lodien (traut man den Kindern im Publikum so wenig zu?), Glissandi und gelegentli­cher Elektronik­untermalun­g.

Der repetitive Chorgesang soll Langweile darstellen, was ausgezeich­net gelingt. Selbst den Solisten hat Gstättner ausschließ­lich monoton geschriebe­ne Arien in die Kehlen gelegt, die umso eintöniger wirken, als die klanggeben­den Instrument­e fehlen.

Gefühl der Angst

Wo Gefühle wie Angst, Wut, Einsamkeit, Hoffnung und Selbstbest­immung erklingen sollten, bleibt nicht mehr als eine Handvoll Halbund Ganztöne, ein paar zerlegte Akkorde und ein bisschen Getrommel. Ach ja: Zum Schluss wird der Zauberer besiegt, und alle kommen frei. Hurra! (mdv)

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