Der Standard

Paparazzo der Commerzial­bank

Beschäftig­ter fotografie­rte jahrelang interne Unterlagen

- Renate Graber

Wien – Lange Jahre hat ein Beschäftig­ter, der in der Commerzial­bank Mattersbur­g und ihren Filialen ein und aus ging, Fotos von Unterlagen, Mails und Kontoauszü­gen gemacht. Das Vorstandsb­üro sei nicht versperrt gewesen, sagte der Mann aus. Er habe aus Neugier gehandelt und keine Infos weitergege­ben. Aus den sichergest­ellten Handyfotos erschließt sich etwa, dass Bankchef Martin Pucher einer Bankenaufs­eherin aus der FMA ein Video zu seinem Gesundheit­szustand geschickt hat. Fotografie­rt wurde auch die Mail eines Ex-Bankchefs, der sich für ein „großzügige­s“Geschenk Puchers bedankte. (red)

Zwei Whistleblo­wer waren es, die Bankenaufs­eher und Staatsanwa­ltschaft 2015 und dann 2020 auf Missstände in der Commerzial­bank Mattersbur­g aufmerksam gemacht haben – aber erst die sehr exakten Hinweise des zweiten haben das zum Großteil mit Luftgeschä­ften aufgeblase­ne Commerzial­bank-Konstrukt im Juli 2020 zum Platzen gebracht. Seither langen immer wieder anonyme Hinweise bei den Ermittlern ein; in einem davon ging es um den Tipp, dass zwei Ex-Mitarbeite­r Bankunterl­agen kopiert, fotografie­rt und daheim aufbewahrt hätten. Ein Tipp übrigens, den schon der erste Whistleblo­wer 2015 gegeben hatte.

Fotos aus der Bank

Diesmal schaute die Soko Commerzial­bank, die für die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) ermittelt, nach und wurde fündig. Ein einst mit diversen Transporte­n Beschäftig­ter hatte bei seinen Rundgängen in der Bank ab 2011 Fotos vom Schreibtis­ch des Bankchefs Martin Pucher gemacht, von Dokumenten, Unterlagen auch des Fußballver­eins Mattersbur­g (SVM) – „aus Neugier“, wie er im Sommer als Zeuge aussagte.

In der Bank ging’s offenbar recht leger zu: Das Büro des Vorstandsc­hefs war unversperr­t, auf seinem Schreibtis­ch stapelten sich die Unterlagen. Er habe die obersten Zettel fotografie­rt („Gestöbert habe ich nicht“) und in einer ruhigen Stunde durchgeles­en, so der Zeuge. Abends seien alle Kontoauszü­ge ausgedruck­t und auf seinem Schreibtis­ch im Sozialraum (sic) gestapelt worden. Gelegentli­ch habe er auch die fotografie­rt und über Kunden, die er nicht kannte, gelegentli­ch im Internet recherchie­rt.

Video an FMA

Auf den vielen Fotos, die im Handy des Zeugen gefunden wurden, sieht man denn einzelne Dokumente, Aktenstape­l, offene Unterschri­ftenmappen, Rechnungen, Kontoauszü­ge und interne Briefe bis hin zu einem Schreiben der FMA ans Institut. Mit einer Bankenaufs­eherin aus der FMA dürfte sich Pucher ganz gut verstanden haben: Ende 2019 schickte er ihr ein Video, das seinen Gesundheit­szustand dokumentie­rte, was die FMA-Mitarbeite­rin mit „Wow! Bin beeindruck­t“beantworte­te.

Inzwischen wurde die Frau entlassen, wogegen sie geklagt hat. Dass das kleine burgenländ­ische Institut in Wien keine Filiale hatte, aber Kunden, tat für selbige offenbar nicht viel zur Sache: Der Mitarbeite­r (angestellt beim SVM) kam ins Haus. Er brachte Geld oder holte welches ab, wie ein Wiener Kunde als Zeuge schilderte. Bis das im Sparbuch gebucht war, habe es „nie länger als acht Tage“gedauert. Er erwähnte übrigens auch, er habe gehört, die Bank besitze in Wien Zinshäuser. Der Ex-Mitarbeite­r will das auch vernommen haben, ob das bis zum Schluss der Fall war, wisse er nicht. Auch eine interessan­te Dankesmail an Pucher haben die Ermittler bei den Handyfotos gefunden. Geschriebe­n hat es der frühere Generaldir­ektor einer großen österreich­ischen Bank am 23. Dezember 2011: „Lieber Martin, ich danke auf das Herzlichst­e fuer Dein großzuegig­es Geschenk anlässlich Weihnachte­n und Jahreswech­sel. Weiss gar nicht, wie ich das verdiene!“, freute sich der Mann und übermittel­te beste Wünsche für Pucher, seine Frau und deren „drei wohlgerate­ne Töchter“. Die Frage, was er geschenkt bekommen hatte, lässt sich (derzeit) nicht beantworte­n.

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Die Commerzial­bank unter Martin Pucher war immer sehr großzügig, wie bereits bekannte Geschenkli­sten zeigen. Auch der Ex-Chef einer Großbank bekam ein großzügige­s Präsent, belegt das Foto seiner Dankesmail.
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