Was jetzt gilt – und was noch kommen könnte
Seit Wochenbeginn ist ein Drittel der Menschen in Österreich von Ausgangsbeschränkungen betroffen. Wie lauten die neuen Regeln, was erwartet man sich von ihnen – und was ist darüber hinaus in Planung?
Das Leben von rund zwei Millionen Menschen in Österreich hat sich seit Montag geändert. Wer nach wie vor nicht gegen Covid geimpft oder von einer Corona-Infektion genesen ist, ist nun im Lockdown. Was heißt das konkret – und welche weiteren Verschärfungen oder anderen Maßnahmen sind in den kommenden Tagen zu erwarten?
Frage: Was genau gilt für Menschen, die nicht vollständig geimpft oder genesen sind – und daher keinen 2GNachweis erbringen können?
Antwort: Sie unterliegen Ausgangsbeschränkungen, dürfen also ihren unmittelbaren Wohnbereich nur für wenige, eingeschränkte Zwecke verlassen: um sich impfen zu lassen, zur „Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse“, um den Friedhof zu besuchen, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, arbeiten, zur Schule, zur Uni, zum Arzt, spazieren oder zu einem Gerichtstermin zu gehen.
Darüber hinaus gilt ab sofort auch in Betriebsstätten des nicht lebensnotwendigen Handels, etwa Kleidergeschäften oder Baumärkten, 2G. Schon bisher waren Personen, die weder geimpft sind noch nachweisen können, in den letzten 180 Tagen eine Corona-Infektion durchgemacht zu haben, von Lokalbesuchen und vom Zutritt zu Sportanlagen und Friseuren ausgeschlossen.
Frage: Gibt es Ausnahmen? Antwort:
Ja, für Kinder unter zwölf Jahren und Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, gelten diese Ausgangsbeschränkungen nicht. Menschen, die sich bis 6. Dezember doch noch zur Impfung entschließen, können sich mittels PCR-Tests, deren Ergebnisse jeweils 48 Stunden gelten, freitesten.
Auch Schulen sind von dem Lockdown für Ungeimpfte ausgenommen und sollen es laut Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) im ORF-Morgenjournal-Interview bis auf weiteres auch bleiben. In Schulen wird dreimal pro Woche getestet, und es gilt laut Bildungsministerium FFP2-Masken-Pflicht in Oberstufen. Exkursionen jeder Art sind verboten – vorerst für zwei Wochen. Der Ninja-Pass für schulpflichtige Kinder gilt auch außerhalb der Schule, Kinder bis 14 oder 15 Jahre sind durch ihn von den Ausgangsbeschränkungen befreit.
Frage: Wie wird der Lockdown für Ungeimpfte kontrolliert? Und welche Strafen gibt es bei Nichteinhaltung?
Antwort: Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Sonntag ein „engmaschiges Netz an Kontrollen“durch die Polizei angekündigt. Diese werde bei allen Amtshandlungen nun auch die Impf- oder Genesenennachweise der Beteiligten kontrollieren. Darüber hinaus soll die Einhaltung der neuen Regeln schwerpunktmäßig kontrolliert werden – etwa in der Gastro oder im Handel.
Dafür sind laut dem Innenminister seit Montag pro Bezirk zwei zusätzliche Polizeistreifen unterwegs. Bei Übertretungen soll zuerst abgemahnt werden, bei Uneinsichtigkeit kann vor Ort ein Organstrafmandat über 500 Euro ausgesprochen werfür den. Wirten und Handelsunternehmern, die nicht mitmachen, drohen Strafen bis zu 3600 Euro.
Frage: Gelten auch für Geimpfte oder Genesene Verschärfungen?
Antwort: Ja, bei Veranstaltungen mit mehr als 25 Teilnehmern braucht es für sie einen 2G-Nachweis. In Wien braucht man ab Montag in der Nachtgastronomie zusätzlich einen negativen PCR-Test. In Salzburg und Oberösterreich darf in der gesamten Gastronomie nur noch im Sitzen konsumiert werden. In Oberösterreich ist die Nachtgastronomie bis 5. Dezember zu, an Imbissständen gilt die 2G-Regel.
Frage: Sind weitere Verschärfungen zu erwarten – und wenn ja: ab wann?
Antwort: Am Mittwoch dieser Woche wird evaluiert, ob die 2G-Regel in der Gastro, in der Kultur und in Spitälern, die dann zehn Tage gegolten haben wird und den Lockdown Ungeimpfte in weiten Teilen vorvollzogen hat, positive Effekte hatte – also infektionshemmend wirkt. An diesem Tag sollen auch weitere Maßnahmen besprochen und vielleicht beschlossen werden.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) fordert nächtliche Ausgangssperren für alle Menschen in Österreich – einen Schritt, der auch Geimpfte einschränken würde. Das hätte ein Schließen der Nachtgastronomie zur Folge, was Bundeskanzler Schallenberg im ORF-Morgenjournal am Montag aber ablehnte. Auch die SPÖ sprach sich dagegen aus, man müsse erst einmal schauen, wie die gerade ergriffenen Maßnahmen wirken. Die Neos würden dagegen sogar zum VfGH gehen.
Darüber hinaus dürfte dann eine bundesweite FFP2-Masken-Pflicht in sämtlichen Innenräumen kommen. Der jetzige Lockdown für Ungeimpfte gilt übrigens vorerst für zehn Tage, dann muss der Hauptausschuss
des Nationalrats die Maßnahme erneut beschließen – und zwar wieder für zehn Tage.
Frage: Wäre das dann laut Expertinnen und Experten genug, um die zuletzt explodierten Corona-Fallzahlen in den Griff zu bekommen?
Antwort: Die meisten Fachleute bezweifeln das. Nötig sei eine Verringerung der Kontakte um 30 Prozent, das sei mit diesen Maßnahmen wohl nicht zu erreichen. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner etwa hält einen Lockdown für alle zumindest in den am schlimmsten betroffenen Bundesländern Oberösterreich und Salzburg für nötig.
Der Komplexitätsforscher Peter Klimek plädierte im ORF-Im Zentrum am Sonntagabend für harte, aber möglichst kurze kontaktbeschränkende Maßnahmen. Denn die Bereitschaft, solchen Schritten zu folgen, sinke mit deren Länge.
Frage: Was nutzen Maßnahmen abseit von Lockdowns – etwa die Booster-Impfung?
Antwort: Die dritte Impfung könnte einen beachtlichen kurzfristigen Dämpfungseffekt auf die Inzidenzen haben. Tatsächlich baut der Booster laut der vom Standard befragten Virologin Dorothee von Laer bereits nach wenigen Tagen wieder einen Infektionsschutz auf, der nach der zweiten Impfung relativ rasch abnimmt; der Schutz vor schwerer Erkrankung bleibt wie berichtet länger bestehen.
Spätestens nach einer Woche könnten die allermeisten geboosterten Menschen nicht mehr angesteckt werden – und stellten daher auch für andere kein Corona-Infektionsrisiko mehr dar, sagte von Laer unter Berufung auf aktuelle Erkenntnisse aus Israel. Dort gelang es im Sommer, eine Infektionswelle im Sommer durch dritte Stiche unter Kontrolle zu bringen.
In Österreich wäre das dringend notwendig, die 24-Stunden-Infektionszahlen steigen von Tag zu Tag. Wie weit hinauf es noch gehen kann, beantwortete Florian Bachner von Gesundheit Österreich bei der 59. Sitzung der Corona-Kommission vergangenen Donnerstag: Laut Prognosen wird die SiebenTage-Inzidenz bundesweit bis auf einen Wert zwischen 910 und 1200 hinaufgehen. Am Montag lag sie bereits bei 889,7.