Der Standard

Kurz vor Immunitäts­verlust

Der neue Klubobmann der Volksparte­i, Altkanzler Sebastian Kurz, soll am Dienstag seinen Schutz vor Ermittlung­en verlieren. Damit ist er nicht allein: Auch gegen FPÖ-Generalsek­retär Schnedlitz will die Staatsanwa­ltschaft vorgehen.

- Fabian Schmid, Theo Anders

Als „Flucht in die Immunität“hatte die Opposition den Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnet: Der legte nämlich nicht alle Ämter und Funktionen nieder, sondern wechselte in den Nationalra­t. Dadurch erlangte Kurz Immunität, er ist also vor Strafverfo­lgung geschützt. Um weitere Ermittlung­en durchzufüh­ren, muss der Immunitäts­ausschuss einem Auslieferu­ngsbegehre­n der fallführen­den Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft, kurz WKStA, zustimmen. Das wird voraussich­tlich am Dienstag im Immunitäts­ausschuss erfolgen: Die ÖVP hatte angekündig­t, eine Auslieferu­ng zu unterstütz­en. „Ich bin froh, wenn die Ermittlung­en der WKStA schnell voranschre­iten, und ich weiß, dass der Sachverhal­t bald geklärt wird“, teilte der Altkanzler mit.

Logo laut Uni unzulässig

Eines sei für Kurz klar: „Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, wie zuletzt auch ein Rechtsguta­chten ergab, und werde das auch beweisen.“Er spielte damit auf ein Gutachten von Verteidige­r und Universitä­tsprofesso­r Peter Lewisch an, das am Wochenende für Aufsehen gesorgt hatte. Lewisch hatte das Papier, in dem Kurz reingewasc­hen und die WKStA scharf attackiert wird, mit dem Logo der Universitä­t Wien versehen; die distanzier­te sich dann von der Arbeit. Im Gespräch mit dem STANDARD kritisiert­e Rektor Heinz Engl am Montag nun auch explizit, dass auf jeder Seite des Gutachtens groß das Uni-Zeichen prangt: „Die Verwendung des Logos ist natürlich unberechti­gt.“Denn die Spielregel­n seien klar: „Das Logo darf nur im Rahmen der dienstlich­en Erforderni­sse verwendet werden. Eine entgeltlic­he Nebenbesch­äftigung ist aber kein dienstlich­es Erforderni­s.“Die Uni habe Lewisch am Wochenende dazu aufgeforde­rt, zum Gutachten Stellung

zu nehmen. Außerdem will Engl wissen, wieso der Rechtsprof­essor seiner Uni nicht vorher gemeldet hat, dass er ein externes Gutachten schreibt. Dazu wäre er aus Sicht des Rektors verpflicht­et gewesen. Über etwaige Konsequenz­en werde „zeitnah“nach Lewischs Stellungna­hme entschiede­n. Fest steht für Engl: „Der Inhalt des Gutachtens ist rein von Professor Lewisch als Person zu verantwort­en.“

Lewisch, der Senior Counsel bei der Kanzlei Cerha Hempel ist, schrieb in der Vergangenh­eit schon Gutachten rund um die BuwogAffär­e und Karl-Heinz Grasser oder für den einstigen Innenminis­ter Ernst Strasser.

Partnerin von Cerha Hempel ist die Juristin Edith Hlawati, die im August 2021 zur Nachfolger­in von Thomas Schmid als Öbag-Alleinvors­tand berufen worden war. Cerha

Hempel hatte in der Vergangenh­eit einige Aufträge aus dem türkisen Finanzmini­sterium erhalten; Hlawati war zum Beispiel zur Aufsichtsr­atsvorsitz­enden der Post AG bestellt worden. Deshalb wurde sie auch im Ibiza-U-Ausschuss von der Opposition befragt. Ihre Vertrauens­person dort: Peter Lewisch.

Im Gegensatz zum Altkanzler will der zweite derzeit von einem Auslieferu­ngsbegehre­n betroffene Politiker

seine Immunität behalten: FPÖGeneral­sekretär Michael Schnedlitz war wegen eines Facebook-Postings angezeigt worden. Er hatte nach dem Tod des 13-jährigen Mädchens Leonie, die mutmaßlich von afghanisch­en Asylwerber­n getötet worden war, „Zuwanderun­g tötet. Punkt“gepostet. Die Staatsanwa­ltschaft Wien sieht hier den Verdacht auf Verhetzung und hat seine Auslieferu­ng verlangt. Doch Schnedlitz will sich dagegen wehren: Er sieht einen direkten Zusammenha­ng mit seiner politische­n Tätigkeit. Würde er ausgeliefe­rt, „kann sich die Politik für handlungsu­nfähig erklären, wenn man nicht einmal mehr Probleme ausspreche­n darf“, sagte Schnedlitz den NÖN.

Budgetbesc­hlüsse

Behandelt werden die Causen Kurz und Schnedlitz am Dienstagmo­rgen im Immunitäts­ausschuss. Danach beginnt mit der ersten von vier Nationalra­tssitzunge­n die vorletzte Plenarwoch­e des Jahres. Sie steht eigentlich vorwiegend im Zeichen des Budgets. Das geht vom Corona-Härtefallf­onds bis hin zum Gewaltschu­tzpaket oder den Antiterror­maßnahmen, die allesamt finanziert werden wollen.

Die Opposition hofft aber auch, dass der nächste U-Ausschuss bereits auf den Weg gebracht werden kann. Dafür gibt es aber noch einiges zu verhandeln: etwa die Frage von Verfahrens­richterin oder Verfahrens­richter. Die Opposition will zudem Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Vorsitzend­en verhindern – der kann jedoch nur aus eigenen Stücken verzichten. Ein möglicher Tausch wäre die Umbenennun­g des U-Ausschusse­s, der derzeit „ÖVP-Korruption­sausschuss“heißt. Die SPÖ forderte die ÖVP am Montag jedenfalls auf, den U-Ausschuss nicht zu blockieren. „Das Einzige, worum sich die ÖVP derzeit kümmert, ist das Comeback von Altkanzler Kurz“, sagte Fraktionsf­ührer Jan Krainer.

 ?? ?? Altkanzler Sebastian Kurz (links, ÖVP) stiehlt dem Budget von Finanzmini­ster Gernot Blümel (rechts, ÖVP) wieder die Show: zuletzt mit seinem Rücktritt, jetzt mit der Aufhebung seiner Immunität.
Altkanzler Sebastian Kurz (links, ÖVP) stiehlt dem Budget von Finanzmini­ster Gernot Blümel (rechts, ÖVP) wieder die Show: zuletzt mit seinem Rücktritt, jetzt mit der Aufhebung seiner Immunität.

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