Der Standard

Zartes Hoffen auf das Recht

- Adelheid Wölfl

Aller guten Dinge sind drei. Im jüngsten Anlauf vergangene­n Sonntag haben die bulgarisch­en Wähler nun doch ein Parlament zusammenge­stellt, das nicht nur in der Lage sein wird, Mehrheiten für eine Regierungs­bildung zu finden, sondern auch die dringend notwendige­n Reformen im Justiz- und Gesundheit­sbereich anzugehen. Der Sieg der Partei „Wir setzen den Wandel fort“der beiden Ökonomen und Harvard-Absolvente­n Kiril Petkov und Asen Vasilev rührt vor allem daher, dass die beiden als Mitglieder des Technokrat­enKabinett­s bereits im Sommer gezeigt haben, dass es möglich ist, gegen die korrupten Praktiken von Parteien, Oligarchen und Justiz vorzugehen.

In der Ära von Bojko Borissov konnten die Reichen und Einflussre­ichen jenseits aller Gesetze ein Leben in Saus und Braus führen, während zigtausend­e Bulgaren frustriert ihr Land verließen. Das System Borissov, der mithilfe des mächtigen Generalsta­atsanwalts Ivan Gešev die Zügel in der Hand hielt, ist Vergangenh­eit. Nun geht es darum, dass der Oberste Justizrat, der die Richter ernennt, aus der politische­n Abhängigke­it befreit wird. Die Position des Generalsta­atsanwalte­s, der bisher eine Monopolste­llung hatte und Druck auf andere Staatsanwä­lte ausüben konnte, muss überdacht werden.

Das alles wird Zeit brauchen. Doch die Intelligen­z, das Wissen und die Integrität des wahrschein­lichen künftigen Premiermin­isters Kiril Petkov geben erstmals Anlass zur Hoffnung, dass aus Bulgarien doch noch ein Rechtsstaa­t und eine funktionie­rende Demokratie werden könnte.

Außenpolit­isch ist keine Änderung zu erwarten, zumal Rumen Radev Staatschef bleiben dürfte. Dies bedeutet, dass das Veto gegen Nordmazedo­nien zu den EU-Beitrittsv­erhandlung­en wohl aufrecht bleiben wird. Denn der Nationalis­mus wurde am Sonntag leider nicht abgewählt.

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