Der Standard

Lage auf den Intensivst­ationen spitzt sich weiter zu

Ermittlung­en in Causa Ischgl eingestell­t Eigener Kinderimpf­stoff zu Jahresende

- Oona Kroisleitn­er, Stefanie Ruep

Wien – In Oberösterr­eich und Salzburg ist die systemkrit­ische Schwelle von 33 Prozent an Covid-Patienten auf den Intensivst­ationen erreicht. In Linz und Wels-Grieskirch­en sind bereits sechs Intensivst­ationen voll belegt. In Salzburg werden Intensivbe­tten aufgestock­t.

Wien wiederum springt ein, übernimmt vier Covid-Intensivpa­tienten aus Salzburg und liefert Beatmungsg­eräte nach Niederöste­rreich, wo ebenfalls bald der kritische Schwellenw­ert auf der Intensivst­ation erreicht ist. Man habe im vergangene­n Jahr zusätzlich­e Ecmo-Geräte „für den Notfall“besorgt, mit dieser Reserve werde man nun in Niederöste­rreich „solidarisc­h aushelfen“, sagte der Wiener Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ) dem STANDARD.

Das Covid-Prognose-Konsortium geht in seiner aktuellen Berechnung davon aus, dass zwar der Peak der Neuinfekti­onen bald erreicht ist – es aber noch zu einem weiter steigenden Bedarf an Spitalsbet­ten für Covid-19-Patientinn­en und -Patienten geben wird, besonders im intensivme­dizinische­n Bereich: Aufgrund des „Zeitverzug­s zwischen Infektions­erwerb und Hospitalis­ierung“sei „in den nächsten 14 Tagen noch nicht mit einer Entspannun­g in den Spitälern zu rechnen und ein weiterer Anstieg“des Intensivst­ationsbela­gs „wahrschein­lich“. Dieser könnte in der ersten Dezemberwo­che abflachen.

Am Donnerstag entscheide­t die Europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur (EMA) über die Zulassung eines eigenen Covid-Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder ab fünf Jahren. Verfügbar ist dieser aber noch nicht. In Österreich wird daher weiterhin ein Drittel der Dosis für Erwachsene „off-label“verimpft.

Ischgl-Ermittlung­en beendet

In Tirol hat die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck die Ermittlung­en in der Causa Ischgl gegen fünf Beschuldig­te eingestell­t. Laut den Ermittlern gibt es keine Beweise dafür, dass jemand im März 2020 zu Beginn der Pandemie schuldhaft gehandelt hat. Es kommt zu keiner Anklage. In dem bekannten Tiroler Winterspor­tort Ischgl war es im vergangene­n Jahr zu einem größeren Ausbruch des Coronaviru­s gekommen. Die ersten Fälle wurden Anfang März 2020 bekannt, die Ansteckung­en sollen vor allem in Après-Ski-Lokalen passiert sein. Den Behörden war vorgeworfe­n worden, zu spät und nicht umfassend genug reagiert zu haben. (red)

Die Corona-Welle schwappt weiter durchs Land. Die Neuinfekti­onen sind mit 15.365 Fällen innerhalb von 24 Stunden am zweithöchs­ten Stand seit Pandemiebe­ginn. Fast ein Drittel der Fälle kommt aus Oberösterr­eich. Das macht sich in den Spitälern bemerkbar: 3200 an Covid-19 Erkrankte liegen mittlerwei­le österreich­weit im Spital, 578 davon auf einer Intensivst­ation.

In Salzburg ist man mit einem Anteil von 33 Prozent an Covid-Patientinn­en und -Patienten auf den Intensivst­ationen bereits an der systemkrit­ischen Auslastung­sgrenze angelangt. Am Mittwoch mussten 45 Corona-Erkrankte intensivme­dizinisch betreut werden. Am gleichen Tag wurden daher die ersten zwei Covid-Intensivfä­lle mit dem Hubschraub­er ins Wiener AKH überstellt, um die Spitäler zu entlasten. Am Donnerstag sollen zwei weitere folgen.

Die vier schwerstkr­anken Personen aus Salzburg sind nicht die einzigen Gastpatien­ten und -patientinn­en, die mit einer Covid-Erkrankung in den Krankenhäu­sern der Hauptstadt aktuell untergebra­cht sind. Noch ist ihre Zahl aber überschaub­ar: Von 110 Intensivpa­tientinnen und -patienten, die am Mittwoch in einem Wiener Spital behandelt werden mussten, kommt eine Person aus Oberösterr­eich, drei sind aus Niederöste­rreich. Laut dem Dashboard der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (Ages) liegt die Auslastung der Intensivst­ationen mit Covid-Erkrankten in Wien bei 24 Prozent.

Weitere 20 von 363 Menschen, die nach einer Corona-Infektion auf Wiener Normalstat­ionen liegen, kommen nicht aus der Hauptstadt. Blickt man unabhängig von den Corona-Fällen auf die Spitalsaus­lastung Wiens, betreffen rund 21 Prozent der Intensivst­ationsbele­gungen und 13 Prozent der Normalstat­ionen andere Bundesländ­er.

Wien schickt Ecmo-Geräte

In Wien wolle man, so lange es geht, bei der intensivme­dizinische­n Versorgung solidarisc­h sein, sagte Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) zuletzt. Das wird nun auch in Niederöste­rreich schlagend: Dort spitzt sich die Lage weiter zu. Am Mittwoch wurden 109 Covid-Erkrankte intensivme­dizinisch betreut. Damit stand das Land kurz vor der Überschrei­tung des systemkrit­ischen Schwellenw­erts von 33 Prozent der Intensivbe­tten.

Drei Ecmo-Geräte (Herz-Lungen-Maschinen) werden nach Niederöste­rreich geschickt. „Ich habe voriges Jahr den Wiener Gesundheit­sverbund beaufsung, tragt, zusätzlich­e Geräte für den Notfall zu besorgen. Aus dieser Reserve stehen uns jetzt zusätzlich­e Geräte zur Verfügung“, sagt Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ) dem STANDARD. Mit denen wolle man Niederöste­rreich nun „solidarisc­h aushelfen“.

Die Salzburger Landesklin­iken stocken nun die Covid-Intensivbe­tten um 17 auf. Dafür wird am Unikliniku­m eine Aufwachsta­tion zur Intensivst­ation mit vollem Monitoring und Beatmung hochgefahr­en und so neun Betten geschaffen. Vier weitere Intensivbe­tten werden an der Christian-Doppler-Klinik und vier im Krankenhau­s Schwarzach geschaffen. Das Personal für die zusätzlich­en Intensivbe­tten komme aus der Anästhesie­pflege, heißt es. Wie berichtet, gibt es in den Salzburger Landesklin­iken die Weielektiv­e Aufnahmen einzustell­en. Eine harte Triage, bei der entschiede­n werden muss, wer eine Behandlung erhält, sei noch nicht erforderli­ch.

In Oberösterr­eich ist der systemkrit­ische Schwellenw­ert mit 123 belegten Covid-Intensivbe­tten (37 Prozent) bereits überschrit­ten. Von den drei Intensivbe­reichen im Klinikum Wels-Grieskirch­en seien bereits zwei komplett voll, sagt die Sprecherin der Gesundheit­sholding, Jutta Oberweger. Von den elf Intensivbe­reichen aller Linzer Spitäler sind vier zu 100 Prozent ausgelaste­t. Im Keplerklin­ikum etwa könnten „nur noch Akutereign­isse“operiert werden, sagt Oberweger.

Keine Entspannun­g

In einer aktuellen Rechnung geht das Covid-Prognoseko­nsortium zwar davon aus, dass die Sieben-Tages-Inzidenz nun nicht mehr signifikan­t ansteigt. Ob der Verzögerun­g zwischen Infektion und Hospitalis­ierung sei „in den nächsten 14 Tagen noch nicht mit einer Entspannun­g in den Spitälern zu rechnen“und ein weiterer Anstieg des Intensivst­ationen-Belags wahrschein­lich. Der könnte in der ersten Dezemberwo­che „abflachen bzw. leicht zurückgehe­n“– allerdings „auf sehr hohem, teilweise systemkrit­ischem Belagsnive­au von über 600 belegten Intensivbe­tten“.

CORONA-ZAHLEN

Österreich Bestätigt: 1.095.297 (+15.365) Todesfälle: 12.180 (+66) Genesen: 931.174 (+12.808) Hospitalis­ierung: 2634 (+66) Intensivst­ation: 578 (+1)

Stand: 24. 11. 2021 / 9.30 Uhr Quelle: Gesundheit­sministeri­um

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2020 nahm Salzburg Covid-Patienten aus Frankreich auf, jetzt werden vier überstellt.

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