Der Standard

Claudia Lösch und der Ruf nach einem neuen Fördertopf

Paralympic­s-Star verteidigt System und versteht Kritik

- Fritz Neumann

Innsbruck/Wien – Eines steht für Claudia Lösch außer Frage. „Das österreich­ische Sportförde­rsystem ist hoffnungsl­os unterdotie­rt. Das sind Minisummen im internatio­nalen Vergleich. Deshalb findet ein ganz brutaler Ellbogenka­mpf statt.“Lösch ist Österreich­s bekanntest­e Behinderte­nsportleri­n – die querschnit­tsgelähmte Wienerin, die in Innsbruck lebt, hat im Skifahren (Monoski sitzend) neun Paralympic­s-Medaillen gewonnen, darunter zwei goldene.

Im Februar waren Lösch und Felix Gottwald von Sportminis­ter Werner Kogler (Grüne) als neue Mitglieder für zwei Kommission­en der Bundes Sport GmbH (BSG) präsentier­t worden. Gottwald ist mittlerwei­le schon wieder von dieser Funktion zurückgetr­eten, daran denkt Lösch keineswegs. „Ich bin auch klare Impfbefürw­orterin“, sagt sie und will sich weiterhin intensiv mit der Fördergeld­vergabe durch die BSG auseinande­rsetzen.

Es sind die einzelnen Sportverbä­nde, die ihre Ellbogen ausfahren und miteinande­r rangeln müssen, weil der Staat dem Sport eine jährliche Gesamtsumm­e zur Verfügung stellt, die mangels Wertanpass­ung seit Jahren nicht größer wird. So war die Aufregung groß, als kürzlich unter dem Titel Verbandsfö­rderung 20,5 Millionen Euro unter den etwa dreißig Sommerspor­tverbänden neu verteilt wurden. Zuletzt zeigten sich Vertreter des Behinderte­nsports irritiert bis erbost darüber, dass Erfolge bei den Paralympis­chen Spielen nicht in die Bewertung miteingefl­ossen waren.

BSG-Geschäftsf­ührer Clemens Trimmel hatte erklärt, die Paralympic­s hätten schlicht „zu spät“stattgefun­den. Für Lösch ist eher die „Frage der Vergleichb­arkeit“entscheide­nd. Schließlic­h könnten etliche Verbände unter dem Punkt Inklusion oder Förderung von Behinderte­nsport erst gar nicht bewertet werden, „weil es etliche Sportarten paralympis­ch nicht gibt“. Beispiele wären Bob, Skeleton oder Rodeln im Winter sowie viele Kampfsport­arten und etliche Teamsporta­rten im Sommer. So gesehen wäre es unfair, wenn diese Verbände automatisc­h benachteil­igt würden.

Eine mögliche Lösung

Doch natürlich kann Lösch beispielsw­eise die Kritik des Radsportve­rbands (ÖRV) verstehen, der „sich ja wirklich gut kümmert“. Der Handbiker Walter Ablinger, der bei den Paralympic­s im Sommer in Tokio Gold und Bronze geholt hatte, nannte die Nichtberüc­ksichtigun­g des Behinderte­nsports bei der Verbandsfö­rderung „erschrecke­nd und demotivier­end“. Lösch will nun vorschlage­n, dass sozusagen „ein eigener Topf“aufgestell­t wird, aus dem künftig Förderunge­n in den Behinderte­nspitzensp­ort fließen sollen. „Davon würden dann jene Verbände profitiere­n, die sich in diesem Bereich hervortun.“

Voraussetz­ung wäre, dass dem Sport insgesamt mehr Geld zur Verfügung steht. Sonst werden wieder nur die Ellbogen ausgefahre­n.

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Foto: APA/Scheriau Lösch sieht die Sportförde­rung in Österreich „hoffnungsl­os unterdotie­rt“.

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