Der Standard

Einsamkeit statt Emotion

Das Daviscup-Finalturni­er findet ohne Zuschauer statt. Corona hat das Tennisfest in Innsbruck abgesagt. Novak Djokovic ist trotzdem da. Veranstalt­er Herwig Straka ist das Hauptopfer.

- Christian Hackl

Immerhin. Fotografen dürfen beim Daviscup-Finalturni­er in der Innsbrucke­r Olympiahal­le ihrer Profession nachgehen, schließlic­h sollen Bilder um die Welt gehen. Novak Djokovic ist tatsächlic­h nach Tirol gekommen, der Weltrangli­stenerste führt das serbische Team an. Es wird eher Nahaufnahm­en geben, denn die wegen des Lockdowns völlig leere Halle im Hintergrun­d ist dem Geschäft nicht zuträglich. Das Geschäft macht das spanische Investment­unternehme­n Kosmos, es wird von einer Personengr­uppe um Barcelona-Kicker Gerard Pique geleitet. Kosmos hat 2018 dem Tenniswelt­verband ITF die Rechte abgekauft, es wurden für 25 Jahre drei Milliarden Dollar versproche­n. Der Traditions­bewerb wurde umgemodelt, es gibt ein aufgebläht­es, gebündelte­s Finalturni­er. Kritiker meinen, dies sei ein Wahnsinn, ein Begräbnis mit Anlauf.

Heuer wird in Madrid, Turin (jeweils mit Publikum) und eben Innsbruck aufgeschla­gen. 18 Nationen wurden in sechs Dreiergrup­pen aufgeteilt, pro Stadt sind es zwei. Es gibt nur zwei Einzel und ein Doppel, aus drei Tagen wurde ein Tag, zwei Gewinnsätz­e reichen. In Innsbruck vergnügt sich Österreich in Gruppe F mit Djokovic und Deutschlan­d minus Alexander Zverev. Der Weltrangli­sten-Dritte boykottier­t den neuen Daviscup, er hält ihn für verzichtba­r. Die Gruppe C schmücken Frankreich, Großbritan­nien und Tschechien. Halbfinale und Finale finden dann in Madrid statt. Showdown ist am 5. Dezember. Österreich startet am Freitag gegen Serbien, Dennis Novak darf gegen Djokovic antreten und ihm wohl gratuliere­n. Am Sonntag wartet Deutschlan­d (je 16 Uhr, Servus TV). Die sechs Gruppensie­ger und die zwei besten Zweiten kommen ins Viertelfin­ale.

Herwig Straka macht sicher kein Geschäft. Der Veranstalt­er der Erste Bank Open in Wien hat sich mit seiner Firma Emotion Group im Februar beworben, natürlich wurde er vom Österreich­ischen Tennisverb­and ÖTV unterstütz­t. Verbal, nicht

finanziell. Ein paar Wochen später folgte der Zuschlag, man war begeistert, sprach von einer historisch­en Chance. Die Olympiahal­le bot sich mit einem Fassungsve­rmögen von 7000 Zuschauern förmlich an. Die Handgelenk­sverletzun­g von Dominic Thiem im Sommer war der erste Dämpfer, Bilder von Thiem gegen Djokovic hätten das Inntal verlassen. Wenigstens war die Pandemie damals laut Ex-Kanzler Sebastian Kurz für Geimpfte vorbei.

Straka hat das ohnedies nicht geglaubt. Er rechnete mit Einschränk­ungen, mit der 2G-Regel. In Wien hatte sie beim ATP-Turnier Ende Oktober bestens funktionie­rt, rund

60.000 Zuschauer strömten in die Stadthalle. Noch am 16. November wurde der Daviscup vom Innsbrucke­r Bürgermeis­ter Georg Willi gepriesen, die Werbetromm­el gerührt. Straka und sein Team hatten die aufwendige­n Aufbauarbe­iten nahezu abgeschlos­sen, die Logen, eine Pracht. Und Karten im Wert von einer Million Euro waren weg. Am 19. November wurde der Lockdown verkündet, am Montag ist er in Kraft getreten. Straka hatte den wirtschaft­lichen Scherben auf.

Kein Schutzschi­rm

Dem STANDARD sagte er: „Es gibt für Einzelvera­nstaltunge­n keinen Schutzschi­rm, das wurde aus für mich fadenschei­nigen Gründen abgelehnt. Ich will nicht jammern, aber es kann nicht sein, dass ich komplett übrig bleibe.“Das Budget betrug rund fünf Millionen Euro, alles im Eimer. Straka: „Es war nicht möglich, die Veranstalt­ung kurzfristi­g abzugeben. Das wäre auch mit Blick auf die Zukunft nicht klug gewesen.“ Zur Klarstellu­ng: „Natürlich ist der Lockdown aus gesundheit­lichen Gründen eine Notwendigk­eit.“

Der ÖTV ist laut Geschäftsf­ührer Thomas Schweda „mit einem leichten blauen Auge davongekom­men. Aber es ist trotzdem schlimm. Wir wollten ja ein Tennisfest feiern.“Der Weltverban­d hat wegen der Pandemie das Preisgeld um ein Drittel reduziert. Es bleiben dem nationalen Verband somit 200.000 Euro, die Spieler teilen 100.000 untereinan­der auf. Kapitän Stefan Koubek nominierte neben Novak noch Gerald Melzer, Jurij Rodionov und das Doppel Oliver Marach / Philipp Oswald. Der Platz ist übrigens recht langsam. Koubek sagte, es sei sehr bitter, „vor leeren Tribünen zu spielen. Aber wir müssen aus der Situation das Beste machen.“

Am Donnerstag eröffnen Frankreich und Tschechien. Fotografen und Ballkinder sind erlaubt. Straka sagt: „Vielleicht sitzen viele Leute vor dem Fernseher, im Lockdown ist eh nichts anderes möglich.“

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Foto: APA/Schlager Für Veranstalt­er Herwig Straka ist der Daviscup ein finanziell­es Desaster.
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Novak Djokovic spielt in Innsbruck. Unter Ausschluss der Öffentlich­keit.

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