Was noch zu tun wäre
Gewürgt, erschlagen, angezündet: 28 Frauen wurden dieses Jahr in Österreich bereits getötet. Tatverdächtig war in den meisten Fällen der Partner oder Ex-Partner der Frau. Im Vergleich zu früheren Jahren sind die Zahlen heuer etwas zurückgegangen, medial präsenter war das Thema aber selten. Der Begriff „Femizid“hat es in den Mainstream geschafft, mehr Medien versuchen verantwortungsbewusst mit dem Thema umzugehen, vermeiden etwa Verharmlosungen wie „Beziehungstat“oder „Eifersuchtsdrama“.
Ist das Problem also auf dem Weg zur Lösung? Mit Sicherheit nicht. Jeder einzelne Femizid ist einer zu viel. Sich auf dem „Erfolg“auszuruhen, dass nun „besser“und häufiger über das Thema gesprochen wird, wäre im wahrsten Sinne des Wortes fatal.
Hinter den Worten steckt immer noch reale Gewalt. Und diese fängt nicht erst bei schwerer Körperverletzung oder Mord an, sondern zum Beispiel bei Frauenhass, sexistisch definierten Rollenzuschreibungen, Einschränkungen körperlicher und sexueller Selbstbestimmung, ökonomischer Ungleichheit und daraus resultierenden Abhängigkeitsverhältnissen. Dahinter steckt ein System, in dem Frauen weniger wert sind. Das zeigt sich auch dadurch, wie viel Geld sie dafür bekommen, was sie tun: nichts für Sorgearbeit, nichts für Kinderbetreuung, immer noch weniger für ihre Lohnarbeit. S tatt den Fokus darauf zu legen, schiebt die Regierung die Verantwortung ab. Nein, Opfer sind nicht verpflichtet, sich bei der Polizei zu melden – schon gar nicht, wenn Tonbänder kursieren, in denen Beamte auf Hilfesuchende mit Sätzen wie „Wenn Sie einen Beziehungsstreit haben, warum sind wir dann hier?“oder „Wenn Sie mit Ihrem Mann auch so reden, wundert es mich nicht, dass er irgendwann zum Schreien anfängt“reagieren. Und es ist nicht die Schuld der Medien, dass sich Betroffene nicht bei den Behörden melden, nur weil über – die reale – Überlastung der Opferschutzeinrichtungen berichtet wird. Für deren Finanzierung und die Ausbildung der Beamten ist die Regierung verantwortlich.
Auch muss sie dafür sorgen, dass die Daten- und Faktenlage zu Femiziden ausgebaut wird. Die von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) in Auftrag gegebene Studie über Frauenmorde der vergangenen zehn Jahre ist ein Anfang. Bei ihrer Präsentation am Dienstag konnte man allerdings nichts herauslesen, was Gewaltschutzexpertinnen nicht schon seit Jahrzehnten predigen. Dass die Ministerin Zahlen nennt, die nicht mit der Kriminalstatistik übereinstimmen, mag auf den ersten Blick wie eine Kleinigkeit erscheinen. Durch die fehlende Präzision wird aber der Stellenwert des Themas deutlich.
Es braucht einheitliche Daten. Es braucht staatliche Kampagnen, die sich nicht nur an Opfer, sondern auch an Täter richten – das Sozialministerium hat mit einem neuen Spot einen Anfang gemacht. Und es braucht eine Evaluierung bereits gesetzter Maßnahmen, damit klarer wird, welche in einer Notsituation, wie etwa einem Lockdown, unverzichtbar sind.