Mit „Argusaugen“auf nächsten ORF-Chef blicken
Der nächste ORF-Chef Roland Weißmann werde an Unabhängigkeit und journalistischer Freiheit zu messen sein, sagt Heinz Lederer (SPÖ). Vor einer großen Nachbesetzung im ORF mahnt er Personalplanung ein.
Vor dem letzten ORF-Stiftungsrat mit ORF-General Alexander Wrabetz bereitet sich Heinz Lederer (SPÖ) auf den nächsten Chef von Österreichs größtem Medienkonzern vor. 15 Jahre führte der Sozialdemokrat Wrabetz den ORF. Mit 1. Jänner 2022 übernimmt Roland Weißmann, über dessen Bestellung die ÖVP-nahe Mehrheit im ORF-Stiftungsrat im August entschieden hat.
„Mit Argusaugen“will der von der SPÖ entsandte Kommunikationsberater Lederer auf journalistische Unabhängigkeit im ORF achten, sagt er im STANDARD-Gespräch.
„Richtschnur“für Weißmann seien journalistische Unabhängigkeit und Freiheit im ORF. Dafür sieht Lederer potenzielle Prüfsteine – von der Covid-Politik der Regierung bis zu Comebackversuchen von Sebastian Kurz (ÖVP) ins Kanzleramt mit dem bisherigen Medien(politik)beauftragten Gerald Fleischmann. Werde die Unabhängigkeit verletzt, müsse Weißmann „mit härtestem Widerstand“von Stiftungsräten rechnen, sagt Lederer, „mit Sondersitzungen und öffentlichem Druck“.
„Richtschnur“zwei für die neue Geschäftsführung sind aus Lederers Sicht Programminnovationen. Gespannt ist er etwa, wie Weißmanns – in seiner Generalsbewerbung versprochene – Programmoffensive für die jüngere ländliche Bevölkerung aussieht. Von Programmdirektorin Stephanie Groiss-Horowitz erwartet er „Aufbruchstimmung – und dass bewährte Kräfte wie Sportchef Hans Peter Trost, Alexander Hofer (ORF 2, Unterhaltung) und Peter Schöber (ORF 3) ihren erfolgreichen Weg fortsetzen können“.
„Keine weißen Elefanten!“
Lederer fordert einen Personalausschuss für den Stiftungsrat, der sich mit dem ORF-Chef der Personalplanung widmen soll; nach Pensionierungen sind hunderte Jobs zu besetzen. Prekäre Arbeitsverhältnisse müssten saniert werden.
Lederer wünscht sich zudem transparente Leistungskriterien und konkrete Zielvorgaben für die neue Geschäftsführung. Und er warnt vor neuen Sparpaketen für den ORF, die „über alle Bereiche drüberscheren“. Er wehre sich aber nicht gegen „vernünftige Sparmaßnahmen“. Lederer begrüßt die Abschaffung von Vizedirektorenjobs im ORF und sagt: „Bitte keine weißen Elefanten!“So nennt der ORFJargon Mitarbeiter, meist ehemalige Führungskräfte, für die gut dotierte Jobs mit überschaubarem Betätigungsfeld geschaffen werden.
Themen für den Stiftungsrat und seine Ausschüsse in der kommenden Woche:
GIS-Geschäftsführer Managementund Aufsichtsratsjobs sind nachzubesetzen. GIS-Chef Harald Kräuter wird etwa ORF-Direktor für Technik. Ins GIS-Management könnte etwa GIS-Vertriebschef Alexander Hirschbeck aufrücken.
Gebührenerhöhung Das Budget für 2022 hat der Stiftungsrat vorgezogen, als er im Oktober die Gebührenerhöhung um acht Prozent ab Frühjahr 2022 beschloss. Noch prüft die Medienbehörde die Erhöhung – auch ob acht Prozent mehr angesichts der erwarteten Inflation ausreichen. Sie dürfte dem ORF 2022 40 Millionen Euro, ab 2023 50 Millionen mehr Einnahmen bringen.
Programmschemata für TV, Radio und Online 2022 soll der Rat ohne Änderungen zu 2021 beschließen. Die neuen Direktorinnen treten erst mit 1. Jänner 2022 ihre Jobs an.
Der Stiftungsrat erwartet vom bisherigen General Statusberichte über den Stand des 303 Millionen schweren Bau- und Sanierungsprojekts ORFZentrum und der Digitalisierung. „Digitalisierung bleibt Priorität Nummer eins für den ORF“, sagt Stiftungsrat Thomas Zach (ÖVP). Der ORF hofft auf eine Gesetzesänderung, um für Streaming eigene Formate produzieren zu dürfen.
Übergabe: Bau, Digitalisierung