Neuwahlen gibt es nur, wenn ÖVP oder Grüne mitmachen
Opposition pocht auf baldigen Urnengang
Dass diejenigen, die gerade regieren, sich nicht gern vorzeitig von den Wählerinnen und Wählern theoretisch wieder abberufen lassen möchten, ist ebenso wenig überraschend, wie dass die Opposition die aktuellen Vorgänge in der ÖVP und damit der türkisen Regierungshälfte nutzen möchte, um idealerweise selbst in die Regierung zu kommen. Der Rücktritt von ÖVPChef Sebastian Kurz, der auch einen Kanzlerwechsel und eine ÖVP-Ministerrochade nach sich zog, brachte prompt das Thema vorgezogene Neuwahlen aufs politische Tapet.
FPÖ buhlt um die Straße
Die FPÖ will sie sofort, um das Momentum der Pandemie zu nutzen und die Stimmen der Impfverweigernden, der Corona-Leugnenden und der Maßnahmengegner abzuschöpfen. Je früher, desto wütender sind sie, umso besser für eine Partei, die sich ganz auf deren Seite gestellt hat. Parteichef Herbert Kickl bedankte sich am Wochenende via Facebook in plakativer VersalienLautstärke bei den Demonstranten, die „gegen die geplante Zwangsimpfung“auf die Straße gegangen waren, wie Kickl sagte, obwohl die von der Regierung ab Februar 2022 geplante Impfpflicht etwas ganz anderes ist. Kickl: „Die türkis-grüne Regierung ist am Ende. Den Menschen reicht es endgültig und der Ruf nach Neuwahlen wird immer deutlicher. DANKE Österreich für diesen tollen Protest-Samstag! Ihr seid SPITZE!“Schon am Freitag hatte er gemeint, die Regierung müsse „in ihrer Gesamtheit“weg – und zwar sofort.
Die Neos datieren ihren Neuwahlwunsch mit kommendem Jahr. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger möchte den Weg dazu nach Bewältigung der Corona-Krise im nächsten Jahr freimachen. Sie geht davon aus, dass eine handlungsfähige Regierung leichter über Neuwahlen zu erreichen sei. Die jetzige Konstellation hält sie für nicht stabil genug.
Zweispurige SPÖ-Linie
Die SPÖ-Linie mutet zweispurig an. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig sagte, eine Neuwahl setze eine Mehrheit dafür im Nationalrat voraus, „und die sehe ich derzeit nicht“. Solange ÖVP und Grüne miteinander regieren wollten, werde es diese Mehrheit auch nicht geben. Er plädierte daher für die Zusammenarbeit aller Parteien. „Wir sollten alle an einem Stang ziehen wie am Anfang der Pandemie.“
Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hingegen will rasch mit Kanzler Karl Nehammer sprechen. Die einzige Existenzberechtigung der Regierung sei, weiteren Schaden von der Republik abzuwenden. Nach dieser Akutphase, wenn die Infektionszahlen stabilisiert seien, müsse der Weg für Neuwahlen freigemacht werden. Aufgrund des Fristenlaufs könne dies frühestens Ende April sein – wenn ÖVP oder Grüne zustimmen, denn allein kann die Opposition keine Wahlen erzwingen. (nim)