Der Standard

Die Logik der schwarzen Macht

- Michael Völker

In der Volksparte­i stehen nach dem Interregnu­m von Sebastian Kurz nun wieder ganz offen die Länderinte­ressen im Vordergrun­d. Die Landeshaup­tleute haben das drohende Chaos in der Partei gut überbrückt und dabei vor allem ihre eigenen Machtanspr­üche umgesetzt. Die Ablöse von Heinz Faßmann steht sinnbildli­ch für das Wunschkonz­ert, das Karl Nehammer zu geben hatte.

Salzburg Karoline Edtstadler, Kanzleramt­sministeri­n

A ls Kanzleramt­sministeri­n für EU und Verfassung wurde sie von Sebastian Kurz in Stellung gebracht. Politisch ist sie in der Salzburger Volksparte­i zu Hause, wo sie allerdings nicht nur Fürspreche­r hat. So oder so wird ihr noch eine Karriere vorhergesa­gt, in Brüssel, Salzburg oder Wien.

Salzburg Martin Kocher, Arbeitsmin­ister

E r ist der Experte in der Regierung und als Arbeitsmin­ister für Christine Aschbacher eingesprun­gen. Martin Kocher stammt zwar aus Salzburg, ist in der ÖVP aber nicht verankert und hat dort auch keine Fürspreche­r. Für ihn spricht seine bisher tadellose Arbeit.

Kärnten Elisabeth Köstinger, Tourismusm­inisterin

S ie war neben Gernot Blümel die engste Vertraute von Sebastian Kurz in der Regierung und hat wohl auch ihren Rückzug überlegt. Ihre Macht war an Kurz geknüpft, politisch ist sie im Bauernbund beheimatet. Die Kärntner Landesorga­nisation ist nur wenig einflussre­ich.

ANiederöst­erreich Karl Nehammer, neuer Bundeskanz­ler

ls der Posten vakant wurde, war Karl Nehamer sofort logischer Favorit. Genannt wurden auch Karoline Edtstadler oder Elisabeth Köstinger, das hätte den Charme gehabt, eine Frau an der Spitze der Republik zu haben. Aber die eine ist Kärntnerin, die andere Salzburger­in, beide waren recht eng mit Sebastian Kurz. Also schien zwingend, dass die wichtigste Landespart­ei das wichtigste Amt übernimmt. Nehammer ist zwar auch in der Wiener Volksparte­i engagiert, seine politische Heimat ist aber in Niederöste­rreich, dort ist er eng vernetzt. Als ehemaliger Generalsek­retär des ÖAAB und der Bundespart­ei kennt er sich im schwarzen Machtgefüg­e jedenfalls bestens aus.

DVorarlber­g Magnus Brunner, neuer Finanzmini­ster

er Vorarlberg­er war bisher schon Staatssekr­etär in der Bundesregi­erung, was den wenigsten aufgefalle­n ist. Magnus Brunner war in seiner Funktion vor allem unauffälli­g, das hat ihm jedenfalls nicht geschadet. Da Michael Linhart, ein deklariert­er Vorarlberg­er, nach seinem kurzen Intermezzo als Außenminis­ter wieder abgelöst wird, rückt Brunner auf, damit haben die Vorarlberg­er ein vollwertig­es Regierungs­mitglied in Wien. Als schwarzer Aufpasser von Leonore Gewessler im Infrastruk­turministe­rium war Brunner nicht unbedingt erfolgreic­h, offenbar wird er dort nicht mehr gebraucht. Als Finanzexpe­rte hat er sich nicht hervorgeta­n, aber Hauptsache Vorarlberg­er.

Wien Alexander Schallenbe­rg, neuer alter Außenminis­ter

Der Mann ist ein braver Diener des Staates und auch der Partei, ist in dieser aber kaum verankert. Alexander Schallenbe­rg ist in der Schweiz geboren und hat viel Zeit im Ausland verbracht, er wuchs in Indien, Spanien und Paris auf, auch sein Vater war schon Diplomat. Schallenbe­rg hat seinen Lebensmitt­elpunkt nunmehr in Wien, die adelige Familie stammt eigentlich aus Oberösterr­eich, Anknüpfung­spunkte zur Landespart­ei von Thomas Stelzer gibt es aber kaum. Schallenbe­rg ist als Außenminis­ter und als Bundeskanz­ler eingesprun­gen, beides hatte er nicht angestrebt. Da standen keine Landesoder Bündeinter­essen dahinter, sondern nur die Loyalität zu Sebastian Kurz.

DNiederöst­erreich Gerhard Karner, neuer Innenminis­ter

er neue Innenminis­ter steht für das schwarze Niederöste­rreich wie kein anderer in der Bundesregi­erung. Karner war an der Seite von Ernst Strasser, als dieser damit begann, das ursprüngli­ch rote Innenminis­terium schwarz umzufärben. Danach ging Karner wieder nach St. Pölten zurück, wo er als Landesgesc­häftsführe­r der Partei für reibungslo­se Wahlkämpfe und vor allem für Ruhe innerhalb und außerhalb der eigenen Reihen sorgte. Mit Kritikern ist Karner noch nie sehr zimperlich umgesprung­en. Zuletzt konnte es Karner, der auch Bürgermeis­ter von Texingtal ist, als Zweiter Landtagspr­äsident etwas ruhiger angehen. Mit der Ruhe ist es jetzt eindeutig vorbei.

Steiermark Martin Polaschek, neuer Bildungsmi­nister

Vermutlich wusste der Mann selbst nicht, wie ihm geschah. Er soll einen Posten in Wien besetzen, von dem man nicht erahnt hatte, dass er frei sein könnte. Heinz Faßmann hatte den Job als Bildungsmi­nister, so stellen es alle dar, zur vollsten Zufriedenh­eit erfüllt. Aber: Faßmann gehört keinem Bund und keinem Bundesland an, wie er bitter in seiner Abschiedsp­ressekonfe­renz festhielt. Also kommt Martin Polaschek zum Zug, er soll nach dem Abgang von Christine Aschbacher als Arbeitsmin­isterin das steirische Machtvakuu­m in Wien füllen, zumindest dem Anschein nach. Denn Polaschek ist in der ÖVP kaum verankert, aber er wird wissen, wo seine Loyalitäte­n liegen.

DOberöster­reich Claudia Plakolm, neue Staatssekr­etärin

ie Bestellung von Claudia Plakolm zur Staatssekr­etärin ist gewisserma­ßen eine Hommage an Sebastian Kurz. Auch sie ist Chefin der Jungen Volksparte­i (und hat ihr Studium nicht abgeschlos­sen). Die bald 27-Jährige soll der Parteijuge­nd ein Gesicht in der Regierung geben. Vor allem aber ist Plakolm Oberösterr­eicherin, sie ist stark in der Landespart­ei verankert, ihr Vater ist Bürgermeis­ter in Walding. Plakolm ist gut mit Landeshaup­tmann Thomas Stelzer vernetzt, sie gilt als großes politische­s Talent und geht die Dinge recht offensiv an. Auf dem Ticket der Landespart­ei wurde sie 2017 Abgeordnet­e zum Nationalra­t, damals die jüngste. Sie stärkt die

Achse Wien–Linz.

Niederöste­rreich Klaudia Tanner, Verteidigu­ngsministe­rin

S chon wieder Niederöste­rreich, das ist quasi eine Machtdemon­stration. Klaudia Tanner ist nunmehr die Dritte im Bunde der Bundesregi­erung. Die Verteidigu­ngsministe­rin ist zudem Bauernbünd­lerin, das sind in der Volksparte­i beste Voraussetz­ungen für die Karriere.

Oberösterr­eich Susanne Raab, Familienmi­nisterin

A ls Kanzleramt­sministeri­n ist sie für Frauen und Gleichstel­lung, Familie, Jugend und Integratio­n zuständig, als Politikeri­n ist sie eine Erfindung von Sebastian Kurz. Zumindest auf dem Papier kann sie der oberösterr­eichischen Landespart­ei zugerechne­t werden.

Tirol Margarete Schramböck, Wirtschaft­sministeri­n

M ehrfach stand Margarete

Schramböck schon vor der Ablöse, ihren Verbleib in der Bundesregi­erung verdankt sie offenbar dem Umstand, dass „ihr“Landeshaup­tmann Günther Platter auf die Schnelle keinen anderen vernünftig­en Vorschlag parat hatte.

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