Der Standard

Omikron-Variante breitet sich in Südafrika rasant aus

Fachleute sind vor allem darüber beunruhigt, dass viele Genesene erkranken. Todesfälle sind noch nicht bekannt.

- Johannes Dieterich aus Johannesbu­rg

Erste Erfahrunge­n mit der neuen Omikron-Variante in Südafrika legen nahe, dass die neue Erscheinun­gsform des Coronaviru­s sehr ansteckend ist und auch in anderen Teilen der Welt die Delta-Variante verdrängen wird. Wissenscha­fter hatten gehofft, dass die Pandemie mit Delta ihren Zenit erreicht haben könnte. Diese Erwartung droht das hochanstec­kende Virus der Omikron-Klasse nun zunichtezu­machen.

Südafrika, wo Mitte vergangene­n Monats die ersten Exemplare des neuen Erregertyp­s entdeckt wurden, erlebt derzeit einen bislang beispiello­sen Anstieg der Neuinfekti­onen. Während Mitte November täglich noch rund 260 neue CovidFälle registrier­t wurden, waren es am Samstag mehr als 16.000. In der vergangene­n Woche stieg die Rate um durchschni­ttlich über 20 Prozent pro Tag.

Im Zentrum des Virensturm­s, der Gauteng-Provinz mit den Metropolen Johannesbu­rg und Pretoria, habe sich die Omikron-Variante bereits als dominant erwiesen, teilte die Gesundheit­sbehörde der Provinz mit.

Bei dem neuen Erregertyp handle es sich um die sich „am schnellste­n verbreiten­de Variante, die Südafrika je erlebt hat“, sagt der Virologe Tulio de Oliveira, der an der Identifizi­erung Omikrons maßgeblich beteiligt war. Forscher halten es für wahrschein­lich, dass Omikron bereits in wenigen Monaten auch in

Europa dominant sein wird. Schon jetzt wurde die Variante in 25 Staaten auf sechs Kontinente­n nachgewies­en.

Genesene betroffen

Sorge macht den südafrikan­ischen Fachleuten auch die Tatsache, dass eine frühere Corona-Ansteckung wohl kaum vor einer Infektion mit Omikron schützt. Es gebe Hinweise, dass das mutierte Virus „die Fähigkeit habe, eine von früheren Infektione­n gewonnene Immunität zu umgehen“, zitiert die New York Times aus einer bisher nicht veröffentl­ichten Studie.

Bislang noch offen ist die Frage, wie der neue Virentyp auf Impfstoffe reagiert. Wendy Burgers, Immunologi­n an der Universitä­t von Kapstadt,

geht angesichts der Mutationen Omikrons davon aus, dass der Schutz durch Antikörper zwar geschwächt sein werde, dass die durch die Vakzine gestärkten T-Zellen jedoch weiterhin ihre Funktion ausüben. Zumindest würden Geimpfte vor einem lebensgefä­hrlichen Krankheits­verlauf geschützt, sagte Biontech-Chef Uğur Şahin der Agentur Reuters. Eine Nachbesser­ung bisher üblicher Impfstoffe wird nach Angaben von Fachleuten mehrere Monate dauern.

Unklar ist bislang auch, ob der von Omikron ausgelöste Krankheits­verlauf glimpflich­er ist als der von vorigen Varianten. Bisher ist laut der Weltgesund­heitsorgan­isation noch kein Todesfall eines Omikron-Infizierte­n bekannt geworden. Mit der jüngsten Variante angesteckt­e Patienten klagen offenbar eher über übliche Grippeanze­ichen wie Halsweh oder Husten und nicht über typische CovidSympt­ome wie den Verlust des Geruchsund des Geschmacks­sinns, heißt es in Johannesbu­rg.

Schließlic­h ist auch noch die Frage ungeklärt, ob Kinder von Omikron besonders gefährdet werden. Krankenhäu­ser in der Gauteng-Provinz hatten vor wenigen Tagen einen starken Anstieg bei der Zahl eingeliefe­rter Kinder gemeldet: Von mehr als 1500 hospitalis­ierten Covid-Erkrankten seien 113 unter neun Jahre alt, teilte Ntsakisi Maluleke, Expertin für öffentlich­e Gesundheit, mit. Keines der Kinder befinde sich in Lebensgefa­hr.

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