Letzte Hürde für den Koalitionsvertrag der Ampel
SPD und FDP stimmten zu – Frist für die Grünen läuft am Montag ab – Scholz-Wahl am Mittwoch
Für mich soll’s rote Rosen regnen – mit diesem Song von Hildegard Knef war die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Vorwoche offiziell im Rahmen eines Großen Zapfenstreichs verabschiedet worden.
„Für mich soll’s rote Herzen regnen“, dürfte sich ihr Nachfolger Olaf Scholz (SPD) für dieses Wochenende gewünscht haben. Und es klappte. Als die deutschen Sozialdemokraten am Samstag bei ihrem außerordentlichen Parteitag dem Ampelkoalitionsvertrag zustimmten, da poppten unzählige virtuelle Herzchen auf. So geschehen auch zuvor, als Scholz für den Ampelvertrag geworben hatte.
Eigentlich hätten die Genossinnen und Genossen den Parteitag als Präsenzveranstaltung abgehalten. Denn es war schließlich ein angenehmer und besonderer. Diesmal ging es nicht darum, eine neue Parteispitze zu wählen, weil die alte entnervt aufgegeben hatte.
Die SPD war an diesem Samstag zusammengekommen, um ihre Zustimmung zum ersten Ampelkoalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP in Deutschland zu geben.
Das klappte wie am Schnürchen, der Vertrag wurde mit 98,8 Prozent
Zustimmung angenommen. Zuvor hatte Scholz versichert: „Ein Aufbruch kann für Deutschland stattfinden.“
Erinnerung an Willy Brandt
Er wirkte bei seiner Rede deutlich lockerer als sonst. In dieser erinnerte er an den ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler Willy Brandt, der 1969 ins Amt gekommen war. „Es war eine große Zeit“, sagt Scholz, „ein solcher Aufbruch soll uns wieder gelingen.“
Er erwähnte auch Gerhard Schröder (SPD), der 1998 Helmut Kohl (CDU) als Bundeskanzler ablöste: „Auch das war ein Aufbruch für unser Land und für unsere Partei.
Der Kanzler in spe griff zudem den Titel des Koalitionsvertrags auf. „Mehr Fortschritt wagen“, lautet dieser. Der Fortschritt aber „kommt nicht von alleine“, sagte Scholz. „Zukunft wird gemacht“– von Menschen, von Parteien, von Regierungen und Unternehmern.
„Das geht ohne Wagnis nicht“, betonte Scholz. „Dass etwas getan werden muss, ahnen die meisten, und das wissen ziemlich viele“, meinte er. Nun müsse die Ampelregierung
dafür sorgen „dass alle sagen können, es wird auch für mich etwas getan und für meinesgleichen“.
Allerdings ist bei den Sozialdemokraten immer noch eine wichtige Personalie offen: Der oder die neue Gesundheitsminister/in ist nach wie vor nicht benannt. Im Gespräch ist der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, aber am Sonntag war noch nichts entschieden.
Comeback für Nahles
Es könnte zu einem Comeback für Ex-Parteichefin Andrea Nahles kommen. Laut Medienberichten soll sie an die Spitze der Bundesagentur für Arbeit rücken.
Alles glatt lief auch bei der FDP. Diese gab am Sonntag ebenfalls auf einem Sonderparteitag ihre Zustimmung zum Ampelvertrag.
Zuvor hatte Parteichef Christian Lindner um Geduld gebeten, „dass nicht alles in vollem Umfang so kommen kann, wie wir freien Demokraten uns das wünschen“. Doch die FDP werde „diese Koalition und das Regierungshandeln prägen“.
Nun fehlt nur noch die Zustimmung der Grünen. Bei diesen entscheiden die 125.000 Mitglieder, die Frist endet am Montag. Votieren sie mit Ja, wird Scholz am Mittwoch im Bundestag zum Kanzler gewählt.