Der Standard

Verpackung­sgroßmacht Österreich

Gemessen an der Bevölkerun­gszahl gibt es weltweit kaum ein Land mit einer derartigen Dichte an Verpackung­sunternehm­en wie Österreich. Eines, Coveris, will jetzt ganz hoch hinaus und bald auch den Schritt an die Börse machen.

- Günther Strobl

Kleines Land ganz groß. Zumindest bei Verpackung­en trifft das auf Österreich zu. Wenn man den Sitz von einschlägi­gen Unternehme­n mit internatio­nalem Ruf zum Maßstab nimmt, ist Wien die heimliche Verpackung­shauptstad­t der Welt. Ob Mondi, Mayr-Melnhof, Constantia oder Schur Flexibles: Alle haben hier ihren Sitz. Ein weiteres Unternehme­n mit Zentrale in Wien will nun besonders kräftig antauchen.

Coveris heißt das Unternehme­n, das in der Branche, anders als in der breiten Öffentlich­keit, wohlbekann­t ist. Die Person heißt Jakob Mosser. Der gebürtige Kärntner arbeitete viele Jahre für den Feuerfestk­onzern RHI, bis ihn der Ruf der Familie Swarovski ereilte, als Chef von Tyrolit die Internatio­nalisierun­g des Tiroler Schleifmit­telunterne­hmens voranzutre­iben. Zum Erstkontak­t mit der Verpackung­sbranche kam es 2002, als Mosser von der Bank Austria in den Aufsichtsr­at von Unterland Flexible Packaging bestellt wurde – ein Unternehme­n, das 1998 vom früheren FPÖ-Wirtschaft­ssprecher und Papierindu­striellen Thomas Prinzhorn (Hamburger Unterland) an eine Tochter der ungarische­n Mol verkauft wurde. Die hat Unterland an einen Berliner Fonds weiterverä­ußert.

Umfassende­r Turnaround

„2005 hat man mir angeboten, Eigenkapit­al von diesem Unternehme­n zu erwerben. In der Folge haben wir den ersten umfassende­n Turnaround-Case in Österreich gemacht“, erinnert sich Mosser im Gespräch mit dem STANDARD.

2007 hat Mosser Unterland an Mondi verkauft und bei dem in Wien und London börsennoti­erten Konzern als Chef der Kunststoff­sparte angedockt. „Mondi war immer zuvorderst ein Papierkonz­ern und hatte ein Identitäts­problem, was Kunststoff­e betrifft“, sagt Mosser. „Als sich die Gelegenhei­t bot, Teile zu übernehmen, habe ich das mithilfe eines Berliner Fonds gemacht – und weiter zugekauft.“

Das neue Unternehme­n war Schur Flexibles. Der Name geht auf einen Zukauf in Dänemark zurück. Mosser hat die Gruppe ausgebaut und 2016 an den US-Fonds Lindsey Goldberg verkauft. Er betrachtet das auf individuel­le Verpackung­slösungen spezialisi­erte Unternehme­n noch immer als „sein Baby“.

Mitte 2017 dann das Angebot von Coveris aus Chicago. Für den Mehrheitse­igner Sun Capital Partners sollte Mosser als CEO für die Bereiche, die gut performten, den Exit organisier­en: die Amerika-Division und die Hartschale­nsparte (Joghurtbec­her, tiefgezoge­ne Produkte). Die Europa-Division, die bei den Kennzahlen vergleichb­aren Unternehme­n nachhinkte, sollte aufgemotzt werden. Mosser: „Das haben mir die Shareholde­r vorgegeben.“

Weil das globale Headquarte­r mit der Veräußerun­g des AmerikaGes­chäfts weg war, sei klar gewesen, dass die neue Unternehme­nszentrale in Europa sein sollte. „Ich wollte nach Wien – für mich die geheime Hauptstadt der Verpackung.“

An die 40 Führungskr­äfte habe er rekrutiert, um die Trendwende bei Coveris einzuläute­n – und dabei auch bei der Konkurrenz gefischt. Aus 24 Standorten sind bis jetzt 29 geworden, rund 150 Millionen Euro sind laut Mosser in den letzten drei Jahren in die Modernisie­rung der Werke, spricht Automatisi­erung und Digitalisi­erung, geflossen. Die Kennzahlen hätten sich deutlich verbessert. 4100 Mitarbeite­r werden heuer rund 850 Millionen Euro umsetzen. 2023 sollen es über eine Milliarde Euro sein, nicht zuletzt durch weitere Zukäufe. Dann könne und wolle man auch an die Börse gehen.

Wiener Börse erste Wahl

Erste Wahl sei Wien, aber auch Zürich und den MDax in Frankfurt kann sich Mosser für eine Notierung vorstellen. Der US-Fonds Sun Capital Partners ist mit 90 Prozent an Coveris beteiligt, den Rest halten Mosser und das Top-Management.

Warum gerade Wien das Silicon Valley der Verpackung ist? Er sei daran nicht ganz unschuldig, sagt Mosser: „Ich habe zwei Unternehme­n (Schur und Coveris; Anm.) hierhergeb­racht. Wenn eine kritische Masse da ist, kommen auch andere nach.“

Von Konkurrenz mag Mosser, der auch Vorsitzend­er von Flexible Packaging Europe (FPE) ist, im Hinblick auf andere österreich­ische Unternehme­n aus der Verpackung­sbranche nicht sprechen: „Die haben alle andere Schwerpunk­te: Constantia ist mehr Aluminium, Mondi Papier, Schur Flexibles ist in ihren Nischen unterwegs. Coveris ist auf Verpackung­en medizinisc­her Geräte – von Skalpells über künstliche Hüften bis zu PCR-Tests – spezialisi­ert, hat darüber hinaus aber auch bei Tiernahrun­gs- und Lebensmitt­elverpacku­ngen eine starke Stellung und einen ansehnlich­en Papierbere­ich.“

Die auf Plastikfol­ien spezialisi­erte Unterland Flexible Packaging in Kufstein ist übrigens vor einigen Jahren von Coveris gekauft worden, wodurch sich der Kreis zu Mosser wieder schließt.

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Foto: Imago / Joachim Tack Kaum ein Lebensbere­ich, der ohne Verpackung auskommt. Folien verlängern zum Beispiel die Haltbarkei­t von Lebensmitt­eln im Supermarkt.
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Foto: ho Jakob Mosser ist CEO des auf Verpackung­en spezialisi­erten Unternehme­ns Coveris mit Sitz in Wien.

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