Der Standard

Mit Idealismus und Fleiß in das Machtzentr­um

- DES TAGES Lara Hagen

Wenn es heißt, dass alle aus Sebastian Kurz’ engstem Kreis mit dessen Rückzug aus der Politik selbst an Macht und Einfluss verlieren, dann stimmt das nicht ganz:

Denn mit Markus Gstöttner leitet auch künftig ein Kurz-Intimus das Kanzlerkab­inett. Für seine Beförderun­g – Gstöttner war seit der Regierungs­bildung mit den Grünen stellvertr­etender Kabinettsc­hef – dürfte das aber nicht der ausschlagg­ebende Grund gewesen sein. Gstöttner hat das notwendige Know-how, er gilt als Arbeitstie­r, als spröder, selten humoriger Verhandler, der inhaltlich immer top bewandert ist und auch das grüne Gegenüber gut kennt. Unter anderem verhandelt­e der begeistert­e Jogger die ökosoziale Steuerrefo­rm mit.

Vor allem aber hat der 35-jährige Wiener einen interessan­ten Lebenslauf: Matura im elitären Schottenst­ift-Gymnasium, das damals noch eine reine Bubenschul­e war. Danach ein Wirtschaft­sstudium an der London School of Economics. Währenddes­sen Praktika bei der Grameen Bank des Friedensno­belpreistr­ägers Muhammed Yunus in Bangladesc­h, im Investment­banking und schließlic­h bei der Unternehme­nsberatung McKinsey, wo Gstöttner nach seinem Abschluss sechs weitere Jahre blieb.

Dort sucht er sich immer wieder Projekte im Ausland. Die Schnittste­lle zwischen Entwicklun­gsarbeit und Politik interessie­rt Gstöttner dabei am meisten. Er arbeitet in Pakistan und stellt im Libanon ein Pro-bono-Projekt auf die Beine, das syrischen Flüchtling­skindern Bildung ermögliche­n soll.

Dass Gstöttner mit seiner Arbeit auch etwas Sinnstifte­ndes leisten möchte, führt er auf den Einfluss seiner 2013 verstorben­en Mutter zurück. Diese Absicht sei es auch gewesen, was ihn in die Politik geführt habe. Die Partnersch­aft bei McKinsey ließ er dafür sausen.

Gearbeitet hatte Gstöttner an diesem Wechsel schon lange. Sebastian Kurz und die Art und Weise, wie er Politik machte, hätten ihn begeistert – vor allem wie der Altkanzler über Migration und Integratio­n gesprochen habe. Gstöttner lernt 2013 Bernhard Bonelli kennen, den er nun als Kabinettsc­hef beerbt. Es entsteht eine Freundscha­ft, nach einigen Jahren auch zu Kurz selbst, den er zunächst in Wirtschaft­sfragen berät.

Gstöttner kam zu einem Zeitpunkt in dessen Kreis, als die berüchtigt­en Chats, die jetzt zu strafrecht­lichen Ermittlung­en geführt haben, bereits ausgetausc­ht waren. Seinen Job kann er auch dem Umstand verdanken, dass er daran nicht beteiligt war.

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Foto: Regine Hendrich Markus Gstöttner wird Kabinettsc­hef des neuen Kanzlers Karl Nehammer.

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