Der Standard

U-Ausschuss erteilt Ermittlung­saufträge

Vor Beginn der Befragunge­n sollen Rechnungsh­of, Justiz und Ermittler Vorarbeit leisten

- Fabian Schmid

Bis zu den ersten Befragunge­n im ÖVP-Korruption­sausschuss wird noch einige Zeit vergehen: Vor März 2022 ist damit nicht zu rechnen. Allerdings hat sich die Opposition gut überlegt, wie sie die Zeit bis dahin nutzen kann. Sie wird am Donnerstag „Ermittlung­saufträge“an verschiede­ne Institutio­nen erteilen, formal läuft das als „erweiterte Beweisanfo­rderung“. Aufbauend auf diesen Resultaten soll der Ausschuss dann im Jänner Zwischener­gebnisse erhalten.

Das Bundesamt für Korruption­sbekämpfun­g (BAK) wird beispielsw­eise ersucht, Vorbefragu­ngen mit potenziell­en Auskunftsp­ersonen durchzufüh­ren. Es handelt sich dabei um 21 Personen, die allesamt entweder im Bundeskanz­leramt oder der ÖVP-Bundespart­ei tätig sind oder waren. Ermittler des BAK sollen sie über die Zusammenar­beit zwischen Altkanzler Sebastian Kurz und seinem engsten Umfeld befragen; auch um Parteispen­den und die Kooperatio­n mit Werbeagent­uren soll es gehen. Die prominente­sten Namen auf der Liste sind Kurz-Assistenti­n Lisa Wieser, die neue Kommunikat­ionschefin im Bundeskanz­leramt Kristina Rausch sowie KurzSprech­er Etienne Berchtold.

Die Opposition sieht die Befragungs­möglichkei­t vor dem BAK als eine Art gelinderes Mittel: Angaben vor Ermittlern seien vermutlich angenehmer als die medienöffe­ntliche Befragung im U-Ausschuss. Zur Aussage vor dem BAK dürfen die Genannten nicht gezwungen werden, es besteht auch keine Wahrheitsp­flicht.

Neue Chats gesucht

Auch an das Justizress­ort erteilt der U-Ausschuss neue Aufträge: Wie schon im Ibiza-U-Ausschuss sollen vorliegend­e Kommunikat­ionsdaten speziell für das Parlament ausgewerte­t werden. Ein derartiges Vorgehen hatte der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) zum Leidwesen der Justiz genehmigt: Dem

U-Ausschuss müssten auch vorhandene Daten mit „abstrakter Relevanz“übermittel­t werden, nicht nur die Ermittlung­sakten an sich.

Ausgewerte­t werden sollen die Chats von Thomas Schmid, Blümel, dem früheren Finanzmini­ster Hartwig Löger, dem suspendier­ten JustizSekt­ionschef Christian Pilnacek sowie von Kurz’ Medienleut­en Gerald Fleischman­n und Johannes Frischmann. Deren Smartphone­s waren im Zuge unterschie­dlicher Ermittlung­en sichergest­ellt worden.

Der dritte Auftrag, nach BAK und Justiz, geht an den Rechnungsh­of: Dieser soll prüfen, welche Zahlungen aus Ministerie­n an eine Liste von 86 Organisati­onen ergangen sind. Darunter befinden sich Medienhäus­er wie die Österreich-Gruppe oder der Falter; Umfrageins­titute sowie ÖVP-Teilorgani­sationen und Vereine.

Die Medienbehö­rde Komm Austria soll dem U-Ausschuss eine Liste der Inserate übermittel­n, die Bundesbehö­rden oder Unternehme­n mit staatliche­r Beteiligun­g zwischen 2017 und 2021 geschaltet haben, das Finanzmini­sterium erklären, wie ÖVP-Spenden steuerlich behandelt wurden. An alle Ministerie­n ergeht zudem das Ersuchen, keine Datenlösch­ungen mehr vorzunehme­n und bisherige rückgängig zu machen.

Diese insgesamt sechs erweiterte­n Beweisantr­äge sollen am Donnerstag im Rahmen der U-Ausschuss-Sitzung beschlosse­n werden. Auf Grundlage der Ergebnisse wird dann wohl im Jänner die Ladung der ersten Zeugen beschlosse­n. Wie schon der Ibiza-U-Ausschuss hat auch das aktuelle Untersuchu­ngsgremium ein weites Themenfeld. Dem Vernehmen nach könnte es anfangs um Einflussna­hme auf Ermittlung­en gehen. Zuletzt sorgte da eine Beschwerde der Justiz-Rechtsschu­tzbeauftra­gten Gabriele Aicher für Aufsehen: Sie lässt sich anwaltlich von der Kanzlei Ainedter vertreten, genau wie zwei Beschuldig­te im Casinos-Akt – um den es in ihrer Beschwerde ging.

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Wie lief es im Kanzleramt unter Sebastian Kurz ab? Das will der U-Ausschuss wissen – und lässt Mitarbeite­r durch Ermittler befragen.

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