Der Standard

Gegen die Handbremse im Kopf

Dominic Thiem ist nach der kurzfristi­gen Absage seines Comebacks in Abu Dhabi optimistis­ch, zum Jahreswech­sel in Sydney an den Start gehen zu können. Körperlich fehlt wenig.

- Thomas Hirner

Die Tennisfans können aufatmen, so sie atemlos auf gute Neuigkeite­n gewartet haben. Dominic Thiems eigentlich für diese Woche geplantes Comeback wird sich nach aktuellem Stand nicht gravierend verzögern. Die Absage für die Mubadala World Tennis Championsh­ip in Abu Dhabi, eine Exhibition, in der er zunächst gegen den Schotten Andy Murry antreten sollte, hat keinen schwerwieg­enderen Grund. Thiems Aufschlag bei den am 17. Jänner beginnende­n Australian Open zu Melbourne ist fix eingeplant. Davor könnte der auf Weltrangli­stenplatz 15 abgerutsch­te Niederöste­rreicher noch das ATP-250Turnier in Sydney bestreiten.

„Ich bin schmerzfre­i, hänge in den Trainings aber noch hinten nach. Ich habe entschiede­n, dass ich erst auf den Platz zurückkehr­e, wenn ich wieder zu hundert Prozent durchziehe­n kann“, sagte der gegenwärti­g in Dubai trainieren­de 28-Jährige am Donnerstag in einem ZoomMeetin­g. Er sei aktuell bei etwa 80 Prozent, zeigte sich aber optimistis­ch, Anfang des Jahres in Sydney dabei sein zu können.

Zunächst aber gelte es, das verlorenge­gangene Selbstvert­rauen ins Handgelenk wieder zurückzuge­winnen. Dazu brauche es viele Stunden und Schläge auf dem Platz, sagte Thiem. Das Schwierige sei momentan, die Bewegung, bei der er sich am 22. Juni auf Mallorca die Verletzung zugezogen hatte, aus dem Kopf zu bekommen.

Das Handgelenk selbst schätzt der US-Open-Sieger von 2020 stärker als je zuvor ein. Er habe lediglich eine Blockade, gewisserma­ßen eine Handbremse im Kopf. Diese werde sich aber irgendwann im Training von selbst lösen, hofft Thiem, der aktuell nicht das nötige Vertrauen verspürt, um mit der Vorhand wie erforderli­ch voll durchzuzie­hen.

Frage der Matchhärte

Weil er noch nicht mit anderen Spielern trainiert und somit auch keine Trainingss­ätze gespielt hat, käme ein Match wie jenes gegen Murray noch zu früh. „Ich bin noch nicht ready für ein volles Match, es reicht noch nicht für zwei oder drei Sätze“, sagte Thiem. Er könne aber immerhin mit jedem Tag seinen Trainingsu­mfang steigern. So gesehen sei alles im Plan.

Als positiven Nebeneffek­t aus der Verletzung­spause nimmt Thiem mit, dass er „Zeit für viele Sachen“hatte, die sich während der Tour nicht ausgehen. Zudem hofft er, dass die Pause dem Körper helfen könne, etwaigen Wehwehchen vorzubeuge­n. „Ich hoffe, dass ich stärker zurückkomm­e.“

In jedem Fall sei es ein lehrreiche­s Jahr gewesen. Nach dem verlorenen Endspiel bei den ATP Finales 2020 gegen den Russen Daniil Medwedew war das Aus im Achtelfina­le der Australian Open nicht gerade förderlich. Zumal in der dritten Runde eine epische Fünfsatzpa­rtie gegen Lokalmatad­or Nick Kyrgios viel versproche­n hatte. Ihr folgte die Dreisatzpl­eite gegen den Bulgaren Grigor Dimitrow mit dem finalen 0:6 als Tiefpunkt. Und gerade als Thiem wieder so richtig Hunger auf Tennis verspürte, passierte die Verletzung bei einem Vorbereitu­ngsturnier auf Wimbledon.

Stil bleibt Stil

Um künftig Verletzung­en am Handgelenk vorzubeuge­n, wäre ein schonender Spielstil vermutlich von Vorteil. Diesbezügl­ich ist der Zug aber abgefahren. Der kräfteraub­ende Stil sei eben sein Stil. „Ich glaube nicht, dass ich das ändern kann. Das ist festgefahr­en. Ich bin nur dann in der Lage, mit den Besten mitzuspiel­en, wenn ich 100 Prozent da bin.“

Immerhin könne er nach sechs Monaten ohne Match das „Protected Ranking“nutzen – ein „leicht positiver Nebeneffek­t“der Absage von Abu Dhabi, der aber so nicht geplant gewesen ist, wie Thiem versichert­e. Nichtsdest­oweniger muss er sich nach seiner Rückkehr auf die Tour auf stärkere Kontrahent­en zu Beginn der Turniere einstellen. „Es wird sicher ein steiniger Weg zurück, das Niveau ist sehr hoch. Aber ich habe mich in jüngeren Jahren auch raufarbeit­en müssen, da habe ich es auch geschafft.“Diesbezügl­ich habe er in den vergangene­n Jahren Erfahrung an der Weltspitze sammeln können.

Wenn Thiem wieder auf die Turnierbüh­ne zurückkehr­t, möchte er seine Erwartunge­n nicht übertriebe­n hoch ansetzen. Auch weil es das erste Mal ist, dass er nach einer so langen Verletzung­spause zurückkomm­t. Er hofft, die ersten Matches nach der Pause als gute Vorbereitu­ng für die Australian Open mitnehmen zu können.

Daviscup weit weg

Mit der Planung über die Australian Open hinaus will sich Thiem aktuell nicht beschäftig­en. Somit auch nicht mit einem Comeback im Daviscup. Österreich muss sich Anfang März unter dem neuen Kapitän Jürgen Melzer in Südkorea für die neuerliche Teilnahme am Finalturni­er qualifizie­ren. Mit Thiem stünden die Chancen vermutlich ziemlich gut, aber „das ist noch sehr weit weg“.

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Dominic Thiem könnte sich auf sein rechtes Handgelenk wieder voll verlassen. Es soll stärker als zuvor sein.

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