Der Standard

Koglers Absenz soll in Peking nicht als Boykott ankommen

Österreich­s Regierung bleibt Winterspie­len fern

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Wien – Auch der höchste Sportpolit­iker Österreich­s zeigt den Olympische­n Winterspie­len im Februar in Peking die kalte Schulter. Wie die Austria Presse Agentur (APA) berichtet, teilte Sportminis­ter Werner Kogler (Grüne) auf Anfrage mit, er werde aufgrund der Menschenre­chtslage in China von einer Reise zu den Spielen Abstand nehmen. Und das, fügte Kogler hinzu, habe er auch schon vor zwei Monaten dem Österreich­ischen Olympische­n Comité (ÖOC) mitgeteilt.

Diese Entscheidu­ng des österreich­ischen Vizekanzle­rs als Boykott zu bezeichnen, nämlich als diplomatis­chen Boykott, mag vielen naheliegen­d erscheinen. Kogler selbst würde so weit allerdings nicht gehen. „Was die Frage der Unterstütz­ung eines diplomatis­chen Boykotts anbelangt, sind Gespräche auf Regierungs­ebene, vor allem aber auch auf europäisch­er Ebene zu führen.“Kurz gesagt, Kogler reist zwar – wegen der Menschenre­chtslage – nicht hin, boykottier­t aber nicht.

Da weiß sich der Grünen-Chef auf einer Linie mit Bundeskanz­ler Karl Nehammer (ÖVP). Dieser hatte im Interview mit der deutschen Tageszeitu­ng Welt betont, Österreich sei „gegen eine Politisier­ung der Spiele“. Auch Nehammer gab da zu Protokoll, dass kein hochrangig­er Politiker aus Österreich zu den Spielen reisen werde, er begründete das freilich mit der Pandemie: „Das ist kein diplomatis­cher Protest oder Boykott, sondern einzig der Tatsache geschuldet, dass die Covid-Auflagen in China zu Recht sehr hoch sind.“

Balance-Akt

Die Balance zwischen Kanzlers und Vizekanzle­rs Rede fand Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (ÖVP): „Wir haben eine ganz klare Haltung, was die Menschenre­chtssituat­ion in China betrifft. Aber die Olympische­n Spiele sozusagen künstlich zu einem politische­n Event werden zu lassen halte ich nicht für sinnvoll.“Die Neos wünschen sich, dass sich Österreich „auf europäisch­er Ebene aktiv gegen eine Entsendung von EU-Regierungs­vertreterI­nnen und DiplomatIn­nen ausspricht“. Der Wunsch ist Teil eines schon eingebrach­ten Entschließ­ungsantrag­s.

Die USA hatten in der Vorwoche einen diplomatis­chen Olympia-Boykott verkündet. Australien, Kanada und Großbritan­nien schlossen sich an, in Europa blieb die Resonanz gering. Die EU-Außenminis­ter fanden noch keine gemeinsame Linie. China hatte scharf auf die Boykottank­ündigung reagiert und Vergeltung­smaßnahmen in den Raum gestellt. (red)

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