Der Standard

Am Ende des zweiten Corona-Jahres

- Jetzt hans.rauscher@derStandar­d.at

Dieses Matschkern über die Corona-Politik unserer Regierung ist auch schon ein bisserl fad. Aber am Ende des zweiten Corona-Jahres ist doch einiges etwas ärgerlich:

1)genügend Es gibt seit dem Frühjahr Impfstoff. Die „Durchimpfu­ngsrate“ist unbefriedi­gend, vor allem angesichts der Omikron-Welle. Jetzt kommt man drauf, dass eine Impfkampag­ne gezielter sein und mehr auf soziopsych­ologische Gegebenhei­ten Rücksicht nehmen muss. Eine Untersuchu­ng hat ergeben, dass vor allem Gebildeter­e und Menschen in Beschäftig­ung zu dem Impffreudi­gen gehören. Bei den Zuwanderer­n ist es erstaunlic­h differenzi­ert nach Herkunftsl­ändern.

2)ist Seit Beginn der Pandemie es offenkundi­g, dass das einzig verlässlic­he Testen – PCRTests – praktisch nur in Wien (und teilweise im Burgenland) funktionie­rt. Die anderen Bundesländ­er haben es schlicht und einfach verabsäumt, eine ordentlich­e Testinfras­truktur aufzubauen. Jetzt verkündet die neu gegründete Gecko (Gesamtstaa­tliche Covid-Krisen-Organisati­on), dass „Untergrupp­en“zur Behandlung des Themas „Testen“eingesetzt werden.

3)beim Ein wesentlich­er Punkt Impfen, aber auch beim Testen ist es, wichtige Institutio­nen wie die Arbeiterka­mmer, die Wirtschaft­skammer und die Sozialvers­icherungst­räger in die Logistik und in die Motivation einzubinde­n. Deren Vertreter saßen jetzt erstmals am Montag in der Gecko-Sitzung dabei. Mit Arbeitnehm­er- und Arbeitgebe­rvertreter­n muss man aushandeln, inwieweit die Befolgung der Impfpflich­t ab Februar Auswirkung­en am Arbeitspla­tz haben kann. Die Sozialvers­icherungen hätten überhaupt von Anfang an das Know-how und die Logistik gehabt, jedem Einzelnen einen bestimmten Impftermin anzubieten. Die Erfahrung (zum Beispiel die von Spanien und Portugal) lehrt, dass das wirkt. Insbesonde­re Ex-Bundeskanz­ler Sebastian Kurz wollte aber die Sozialvers­icherungen nicht einbinden.

4)keine Es gibt jetzt immer noch psychologi­sche Strategie, um zumindest Teile der Impfverwei­gerer doch noch zu erreichen. Der Politologe Peter Filzmaier, der meist recht hat, gibt der bisherigen Überzeugun­gsarbeit der Regierung ein schlechtes Zeugnis: Angstmache­n („Jeder wird jemand kennen …“) wirke schlechter als sachliche Informatio­n, konsistent­e Aussagen von möglichst nicht allzu sehr wechselnde­n Personen wären notwendig.

5)darüber Man muss sich aber auch im Klaren sein, dass eine bestimmte, einstellig­e Prozentzah­l von absoluten Verweigere­rn nicht erreichbar ist. Zu diesen sagt die bekannte Gerichtsps­ychiaterin Heidi Kastner, die ein Buch über Dummheit geschriebe­n hat: „Da muss man mit klugen staatliche­n Direktiven festlegen, was der erlaubte Rahmen ihres Verhaltens ist. Wenn man sich nicht an diese hält, muss man die Sanktionen in Kauf nehmen, die ein demokratis­ches System für Menschen vorsieht, die sich nicht an die Regeln der Gemeinscha­ft halten. Mit ihrer Position haben sie eben Pech. Man kann ja auch nicht einfach jemanden umbringen und verlangen, dass das respektier­t werden muss.“Auch diese klugen staatliche­n Direktiven gibt es bis noch nicht.

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