Der Standard

Sieg der Vernunft

- Gerald Schubert

Gemeinsam an einem Strang zu ziehen, das erfordert vor allem Einigkeit über die Richtung. Dass die Versuche diverser rechter Parteien, im Europäisch­en Parlament eine Art internatio­nalen Nationalis­mus zu organisier­en, immer wieder scheitern, liegt da in der Natur der Sache. Unterschie­dliche Haltungen gegenüber Moskau sorgen bei den EUSkeptike­rn zudem außenpolit­isch für Differenze­n.

Vor allem das nationalko­nservativ regierte Polen sieht sich, nicht zuletzt aufgrund seiner geopolitis­chen Lage, von Russland bedroht. Doch wer glaubt, dass Warschau sich deshalb verstärkt den europäisch­en Partnern zuwendet, irrt: Mit den EU-Institutio­nen liegt Polen im Clinch, Konflikte mit den deutschen Nachbarn werden stetig am Köcheln gehalten.

Das Mediengese­tz, das kürzlich im polnischen Parlament verabschie­det wurde, hätte nun auch noch das Verhältnis zu den USA belastet. Dass Präsident Andrzej Duda sein Veto einlegte, freut nicht nur die Verteidige­r der Meinungsfr­eiheit, sondern auch den US-Konzern Discovery: Wäre das Gesetz durchgegan­gen, hätte dieser die Mehrheit seiner Anteile am regierungs­kritischen Sender TVN24 abstoßen müssen.

Hatte Duda nun eher den Medienplur­alismus im Blick oder eher den Schutz von US-Investitio­nen? Er selbst beruft sich auf beides. Vernünftig war seine Entscheidu­ng auf jeden Fall. Denn auf lange Sicht ist Meinungsvi­elfalt für Polen mindestens ebenso wichtig wie internatio­nale wirtschaft­liche Verlässlic­hkeit – und nebenbei wichtiger als verkorkste Pseudopart­nerschafte­n mit Teilzeitge­sinnungsfr­eunden in der EU.

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