Hohe Fallzahlen, aber Lockerungen gefordert
Seit Mitte November sind Ungeimpfte im Lockdown. Die Sperrstunde ist um 22 Uhr. Gleichzeitig ist die Situation in Spitälern trotz 20.000 Fällen pro Tag noch überschaubar. Ein Anstieg bei Normalbetten wird erwartet.
Es sind bisher nicht gekannte hohe Infektionszahlen. Weit mehr als 20.000 Corona-Fälle waren es an jedem Tag seit Mittwoch, als der Rekordwert von 27.677 Neuinfektionen in Österreich durch Gesundheits- und Innenministerium registriert wurde. Die hohen Meldezahlen sorgten auch dafür, dass die täglichen DatenReports durch die Ministerien mehrere Tage lang ausfielen. Am Samstagabend wurden aber die Zahlen von Donnerstag (24.314), Freitag (25.346) und Samstag (24.260) nachgemeldet. Am Sonntag wurden 22.453 Fälle kommuniziert.
Und dabei wird es nicht bleiben. Ein Bericht der Gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination Gecko weist etwa darauf hin, dass es in wenigen Tagen bis zu 40.000 Fälle täglich geben könnte – sofern weiterhin so viel getestet wird wie derzeit.
192 Corona-Intensivbetten
Gleichzeitig ist die Situation in den Spitälern auch dank des Impffortschritts noch überschaubar. Aktuell werden weniger als 200 Intensivbetten für die Versorgung von Covid-19-Infizierten benötigt. Am Sonntag waren es 192. So wenige Betten waren zuletzt Mitte September 2021 belegt, als sich die Delta-Welle langsam aufzubäumen begann – und bis Dezember zu mehr als 660 belegten Intensivbetten führte.
Diese systemkritische Dimension dürfte in der Omikron-Welle vorerst aber kein Thema sein. So wies die Corona-Kommission darauf hin, dass bis Anfang Februar trotz der explodierenden Fallzahlen nur ein „moderater Anstieg“bei der Auslastung der Intensivstationen zu erwarten sei. Bis 3. Februar werden im Punktschätzer der Prognoserechnung des Covid-Konsortiums rund 260 belegte Intensivbetten erwartet.
Lockdown für Ungeimpfte
Was aber bedeutet diese erwartete Entwicklung für die Maßnahmen in Österreich? So nannte die Bundesregierung von Beginn der Corona-Pandemie an den Schutz der Spitäler als einen der wichtigsten Punkte. Im Zentrum stand dabei bisher die Auslastung der Intensivstationen. Aber selbst der Stufenplan der Bundesregierung im Herbst vergangenen Jahres sah erst ab 200 belegten Intensivbetten erste Verschärfungen vor – und einen Lockdown für Ungeimpfte ab 600.
Dieser Lockdown ist freilich immer noch in Kraft, und das seit Mitte November. Zuletzt wurde die Maßnahme um zehn Tage bis zum 30. Jänner verlängert. Die Stimmen, die ein Aus dieser Einschränkungen angesichts von 200 belegten Intensivbetten fordern, mehren sich. Immerhin
sind parallel dazu auch weitreichende 2G-Regeln in Kraft, dazu kommt die Impfpflicht. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried bezeichnete den Lockdown für Ungeimpfte als „offenbar wirkungslos“. Auch die Neos sowie die FPÖ forderten eine sofortige Aufhebung.
Spätere Sperrstunde
Die Sperrstunde um 22 Uhr ist zudem den Wirtschaftstreibenden ein Dorn im Auge. Stefan Sternad, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Kärnten, plädiert etwa für eine stufenweise Erhöhung. Am Wochenende berichtete Puls24 mit Verweis auf „Wirtschaftsund Regierungskreise“, dass die Regierung darüber berate, die Sperrstunde um 22 Uhr und den Lockdown für Ungeimpfte zu beenden. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) wollte das nicht bestätigen. „Die Lage wird immer laufend evaluiert und die Fakten gesichtet. Derzeit gibt es keine Entscheidung dazu“, hieß es aus Mücksteins Büro zum STANDARD. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verwies am Sonntag auf Anfrage auf die Gecko. „Man muss genau bewerten, ob die 22-UhrSperrstunde einen Effekt hat. Zuerst müssen wir jedoch die Welle brechen, dann können Lockerungen kommen.“
Mückstein hat bereits angekündigt, den Fokus auf Normalstationen zu legen. Auch die Corona-Kommission verweist darauf, dass – anders als in bisherigen Wellen – aufgrund der reduzierten Virulenz von Omikron und der hohen Fallzahlen „Kapazitätsengpässe in der stationären Versorgung zunächst auf Normalstationen auftreten“können.
3000 Betten als Grenzwert
Dort wird ein deutlicher Anstieg erwartet, jedoch von einem niedrigen Niveau aus. Am 19. Jänner (da waren 869 Betten belegt) lag die Covid-19-spezifische Auslastung bei 2,3 Prozent. Laut Corona-Kommission liegt der Grenzwert, ab dem nur noch ein reiner Akutbetrieb der Spitäler gewährleistet werden kann, bei rund 3000 belegten Betten. Am Höhepunkt der Delta-Welle im Herbst wurden knapp 2800 Normalbetten benötigt.
Am Sonntag waren 937 Normalbetten belegt – um 266 mehr als vor einer Woche. Es gibt also noch Kapazitäten. Ein limitierender Faktor ist aber das medizinische Personal: Je mehr Mitarbeiter in Quarantäne müssen oder sich infizieren, desto weniger Patientinnen und Patienten können betreut werden. Laut Ministerium gibt es Vorbereitungen, auch private Krankenanstalten und RehaEinrichtungen einzubinden.