Erste Bundesländer stellen behördliches Contact-Tracing ein
Oberösterreich gibt Kontaktverfolgung ganz auf, andere Regionen reduzieren stark
Wien – Angesichts immer höherer Infektionszahlen gehen die Systeme für die Kontaktverfolgung in den ersten Bundesländern in die Knie. In Oberösterreich wird das ContactTracing gänzlich eingestellt, ein entsprechender ORF-Bericht wurde offiziell bestätigt. Nur noch Infizierte werden von den Behörden angerufen – um die Verständigung ihrer Kontaktpersonen sollen diese sich dann selbst kümmern.
Auch in der Steiermark, in Salzburg und Tirol sind die Behörden den durch Omikron gestiegenen Zahlen nicht mehr gewachsen. Dort werde nur noch in ausgewählten Segmenten versucht, Infektionsketten zu unterbrechen, etwa in Pflegeheimen und Schulen. Der Fokus liege auf der Verständigung Infizierter, so die Verantwortlichen.
Derzeit unvermindert werden Kontaktnachverfolgungen dagegen noch in Vorarlberg, im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich und in Wien durchgeführt, wie ein Rundruf des STANDARD bei den dort zuständigen Stellen ergab. In Wien werden allerdings weniger Personen in diesem Segment eingesetzt, wie ein Sprecher bestätigte: Weil man verschiedene Prozesse digitalisiert hat, komme man auch mit weniger Mitarbeitern zurecht. (red)
Oberösterreich gibt auf: Das Bundesland werde sein Contact-Tracing ab einer SiebenTage-Inzidenz von 1800 einstellen, wie der ORF berichtete. Diese Schwelle wurde wenige Stunden nach der Ankündigung bereits überschritten: Mit den am Montag gemeldeten Zahlen liegt Oberösterreich bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1848. Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP) begründet den Schritt mit zu vielen Neuinfektionen, stattdessen werde der Fokus nur auf akut Infizierte gelegt. Diese sollen laut Bundeserlass weiterhin abgesondert werden. Danach sind sie aufgefordert, sich selbst darum zu kümmern, etwaige Kontaktpersonen zu verständigen.
Spannend ist die jetzige Totalabsage vor dem Hintergrund, dass noch im November das Personal massiv aufgestockt wurde. Aber bereits im November zeichnete sich eine massive Contact-Tracing-Problematik ab: Oberösterreich hatte da in Sachen Kontaktverfolgung bereits die Rote Laterne. Der Anteil der geklärten Fälle betrug damals in Oberösterreich zuletzt nur 20 Prozent, das heißt, dass sich nur bei jeder fünften Neuansteckung die Infektionsquelle eruieren ließ.
Notprogramme anderswo
Die Vielzahl der Positivfälle führt auch in der Steiermark zu Restriktionen beim Contact-Tracing. Die Kontaktnachverfolgung werde derzeit auf den vulnerablen Bereich beschränkt, heißt es aus dem Büro der Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Contact-Tracing sei momentan nur noch für die Gesundheitseinrichtungen, Schulen und Pflegestationen möglich.
„Wir stellen nicht ein“, sagt ein Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) zur Ankündigung aus Oberösterreich, das Contact-Tracing weitgehend aufzugeben. Auf Nachfrage räumt man dann im Büro von Haslauer ein, dass das Contact-Tracing in Salzburg gemäß „einem Stufenplan“adaptiert werde. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 2000 werden überwiegend nur mehr infizierte Personen erfasst und in Quarantäne geschickt. Das
Contact-Tracing auch für Kontaktpersonen beschränke sich „auf sensible Bereiche“, etwa Gesundheitsberufe. Aktuell liegt die Inzidenz im Land Salzburg laut Dashboard der Landesregierung bei rund 2.600.
Tirol hält sich an die Vorgaben des Kontaktpersonenmanagements des
Gesundheitsministeriums hinsichtlich einer Priorisierung im ContactTracing bei eingeschränkten Ressourcen. Priorität habe aktuell die möglichst rasche Absonderung positiv getesteter Personen.
Darüber hinaus liegt ein Schwerpunkt auf Infektionen in Gemein
schaftseinrichtungen, wie beispielsweise Altenwohnheimen, wo bestmöglich auch Kontaktpersonen erhoben und gegebenenfalls abgesondert werden. Weitere Erhebungen finden zur Zeit nicht statt.
„Aktuell schaffen wir es noch“, sagt der Sprecher der Landesregierung
in Kärnten, Gerd Kurath. Das Contact-Tracing-System werde laufend aufgestockt, „aber natürlich besteht die Gefahr, dass es angesichts der Fülle an Fällen zusammenbricht“.
In der Stadt Wien gibt es vorerst keine Einschränkungen beim Contact-Tracing, wie es aus dem Ressort von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt. Dennoch wird nach STANDARD-Informationen aktuell weniger Personal dafür eingesetzt: Waren Anfang Jänner noch 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Nachverfolgen von Kontaktketten beschäftigt, sind es aktuell nur noch rund 490 Personen.
Weniger Tracer in Wien
In der Stadt Wien wird die Reduktion trotz weiter ansteigender Fallzahlen bestätigt. Eine Einschränkung gehe damit aber nicht einher: Man habe Abläufe digitalisiert. So seien etwa alleine am vergangenen Wochenende 18.000 Absonderungsbescheide automatisiert versendet worden, sagte ein Sprecher. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten so mehr Zeit, Kontakten nachzugehen. Auch Clusteranalysen würden mittlerweile automatisiert erstellt werden. Bei mehr als 7000 Fällen alleine in Wien – wie am Montag – stößt aber auch dieses System an seine Grenzen.
Keine Probleme gebe es bei der Kontaktnachverfolgung in Niederösterreich, sagt ein Sprecher von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): „Wir denken derzeit nicht daran, bei unserem Contact-Tracing etwas zu ändern.“Auch im Burgenland laufe derzeit alles „wie gehabt“, sagt eine Sprecherin von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).
In Vorarlberg finde das ContactTracing weiter „vollumfänglich“statt, heißt es vom Land. Allerdings könne es zu Verzögerungen kommen, bis man kontaktiert wird. Das Land passt das Vorgehen angesichts des hohen Infektionsgeschehens nun an und stockt die Zahl der Personen, die das Infektionsteam unterstützen, weiter auf, erklärt Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP).