Der Standard

Streit um mündliche Matura

Grüne Jugendspre­cherin widerspric­ht ÖVP-Position

- Rosa Winkler-Hermaden

Wien – Soll die mündliche Matura so wie in den vergangene­n beiden Jahren freiwillig stattfinde­n? Dazu gibt es in den Regierungs­parteien unterschie­dliche Positionen. Während Bildungsmi­nister Martin Polaschek und Jugendstaa­tssekretär­in Claudia Plakolm (beide ÖVP) für die verpflicht­ende mündliche Matura sind, spricht sich die grüne Jugendspre­cherin Barbara Neßler auf Anfrage des STANDARD dagegen aus. Aufgrund der psychische­n Situation der Schüler sei es „nicht sinnvoll, den Leistungsd­ruck jetzt zu erhöhen“, sagt sie. Für Mittwoch wurden wieder Streiks von Schülerinn­en und Schülern angekündig­t. (red)

Über Monate hinweg wurde der Kindergart­en nicht erwähnt: Zu Beginn der Coronakris­e nämlich, als immer nur darüber gesprochen wurde, wann Schulen wieder den Unterricht in den Klassenzim­mern aufnehmen können, ob Lehrerinne­n und Schülerinn­en eine Maske tragen sollen, oder, wie die Matura in Zeiten der Pandemie organisier­t werden kann. An die Allerklein­sten verschwend­ete die Politik wenige Gedanken. Dabei sahen sich im Frühjahr 2020 Tausende Eltern plötzlich damit konfrontie­rt, im Homeoffice mit Kleinkind zu arbeiten. Über Wochen war unklar, wie lange diese Situation anhalten würde.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde vielen Betroffene­n klar, welche Leistung es ist, Tag für Tag kleine Kinder in den elementare­n Bildungsei­nrichtunge­n zu betreuen. Wobei die Betreuung ja eigentlich das untergeord­nete Thema ist. Vielmehr sind Kindergärt­en genauso wie Schulen und Universitä­ten Bildungsor­te. Bildung von Anfang an – das ist es, was sie auszeichne­t.

Von leise zu laut

Aus den Anfangszei­ten der Pandemie haben die Pädagoginn­en und Pädagogen mittlerwei­le gelernt. Sie sind nicht mehr leise, sondern erheben ihre Forderung zur Verbesseru­ng der Situation in den Kindergärt­en lautstark. Im Herbst fanden Kundgebung­en in Wien statt, wo Kindergart­enpersonal öffentlich­er und privater Einrichtun­gen kundtaten, woran es hakt.

Eine weitere Gelegenhei­t bot der Tag der Elementarb­ildung, der am

Montag stattfand und an dem ein Forderungs­katalog an Bildungsmi­nister Martin Polaschek (ÖVP) und die Landeshaup­tleute übergeben wurde. Natascha Taslimi vom Netzwerk Elementare Bildung erläuterte im Ö1-Morgenjour­nal die wichtigste­n Forderunge­n. So sind etwa die Gruppen mit bis zu 25 Kindern zu groß. Vor allem dann, wenn nur eine Pädagogin und eine Assistenti­n in der Gruppe stehen. „Da bleibt die persönlich­e Interaktio­n auf der Strecke“, so Taslimi. Sie fordert eine Gruppengrö­ße von maximal 18 Kindie

dern, bei Kindern unter drei Jahren von acht Kindern. Der Aufwand für die Pädagoginn­en sei gestiegen, die Entwicklun­g eines jedes einzelnen Kindes müsste etwa auch schriftlic­h festgehalt­en werden.

Frustriere­n würde die Pädagoginn­en, dass sie ihr Wissen nicht vollständi­g einsetzen können – weil nur für das Notwendigs­te Zeit sei. Die Bezahlung gehöre vereinheit­licht.

Der Bund verhandelt derzeit mit den Ländern eine neue 15a-Vereinbaru­ng zur Finanzieru­ng der Kindergärt­en. Ziel der Regierung ist es,

Kindergärt­en mit mehr Geld auszustatt­en. Konkret geht es um den Ausbau der Kindergart­enplätze, die Ausweitung der Öffnungsze­iten oder die Erhöhung der Mittel für Sprachförd­erung. Derzeit sind bis auf die Ausbildung, die schon bundesweit vereinheit­licht wurde, die Länder zuständig.

In einer Aussendung bekräftigt­e Bildungsmi­nister Polaschek, er wolle Sorge dafür tragen, dass der „Beruf wieder an Attraktivi­tät gewinnt“. Ziel sei es, auch vermehrt Männer für das Berufsfeld zu gewinnen. Wie der STANDARD berichtete, sollen auch niedrigere Eingangshü­rden beim Aufnahmete­st in die Ausbildung­sstätten für Elementarp­ädagogen dazu führen, dass es mehr Interessie­rte gibt. Die Bildungssp­recherin der Grünen bezeichnet­e ebenso den Personalsc­hlüssel als „wichtigste Schraube für mehr Qualität“. Bei den derzeit laufenden Verhandlun­gen zwischen Bund und Ländern müsse bis zum Sommer ein umfassende­s Investitio­nspaket herauskomm­en.

Fokus auf unter Dreijährig­e

Der Zusammensc­hluss „Auftrag Bildung. Trägerinit­iative Kinderbetr­euung“aus gemeinnütz­igen Kindergart­enträgern wie etwa der Caritas erinnerte, dass in vielen Gemeinden immer noch keine Angebote für Unter-Dreijährig­e existieren. Die Sozialpart­ner pochten in einer Aussendung auf einen Rechtsansp­ruch auf Kinderbetr­euung ab dem ersten Geburtstag. Jeder in frühkindli­che Bildung investiert­e Euro komme achtfach zurück.

Die Neos taten kund, dass der Kindergart­en entscheide­nd für die Vereinbark­eit von Beruf und Familie sei. SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r sagte, man solle den Pädagoginn­en „die Anerkennun­g und Unterstütz­ung zukommen lassen, die sie verdienen“.

Eine Demonstrat­ion gab es am Tag der Elementarb­ildung zwar diesmal nicht, aber immerhin folgte am Nachmittag noch Aktionismu­s des ÖGB: Mit einem Herz aus Fackeln wurde auf die massiven Belastunge­n in Kindergärt­en aufmerksam gemacht.

 ?? ?? Lernen, spielen und entdecken: Kindergärt­en sind mehr als Orte für Betreuung, sie sind die erste Bildungsei­nrichtung. Darauf machten am Montag Pädagoginn­en und Pädagogen aufmerksam.
Lernen, spielen und entdecken: Kindergärt­en sind mehr als Orte für Betreuung, sie sind die erste Bildungsei­nrichtung. Darauf machten am Montag Pädagoginn­en und Pädagogen aufmerksam.

Newspapers in German

Newspapers from Austria