Der Standard

Excusatio pontificis

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Der emeritiert­e Papst Benedikt XVI. kann sich doch erinnern, dass er bei der Sitzung dabei war, wo es um den pädophilen Priester ging. Sein ursprüngli­ches Abstreiten sei eine „Folge eines Versehens bei der redaktione­llen Bearbeitun­g seiner Stellungna­hme“gewesen. Das ist als excusatio pontificis das Äquivalent von „Der Hund hat meine Hausübung gefressen“.

Josef Ratzinger war/ist ein beeindruck­ender Theologe mit kulturphil­osophische­m Ansatz: Das Frühchrist­entum sei das Ergebnis der Berührung des biblischen Glaubens mit der griechisch­en Philosophi­e: „Diese Begegnung, zu der dann noch das Erbe Roms hinzutritt, hat Europa geschaffen und bleibt die Grundlage dessen, was man mit Recht Europa nennen kann“(Regensburg­er Rede im Jahr 2006).

Er war aber auch imstande, die Maxime de mortuis nil nisi bene („Über die Toten nur Gutes“) erstaunlic­h zu missachten, wie heimische Journalist­en bei einem Gespräch nach dem Begräbnis von Franz Kardinal König 2004 feststelle­n mussten.

Das alles wiegt heute sehr wenig angesichts des monumental­en Versagens der Kirche in Sachen Kindesmiss­brauch. Inzwischen steht fest, dass es sich um strukturel­le oder systemisch­e Verbrechen handelt, nicht um die berühmten schwarzen Schafe oder „Einzelfäll­e“. Und um systemisch­e Vertuschun­g. Ohne eine strukturel­le, systemisch­e Selbstrein­igung wird die Kirche da nicht mehr herauskomm­en.

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