Der Standard

Ist Corona nach Omikron vorbei?

Eigenveran­twortung soll die Durchseuch­ung einbremsen, aber für viele scheint Omikron als Ticket in die Freiheit zu gelten. Kann man nach einer Infektion wieder so leben wie vor der Pandemie?

- FRAGE & ANTWORT: Magdalena Pötsch

Vorsichtig­er Optimismus macht sich breit. Nach Omikron könnte ein Übergang in eine endemische Phase möglich sein, so die große Hoffnung. Vor allem auf privater Ebene tendieren viele dazu, die Pandemie für sich selbst für beendet zu erklären, wenn man eine Omikron-Infektion überstande­n hat. Doch ist das wirklich angebracht?

Frage: Ist die Pandemie nach Omikron vorbei? Antwort: Das ist noch unklar, wie Infektiolo­ge und Gecko-Mitglied Herwig Kollaritsc­h warnt: „Wir wissen nicht, was die Natur noch in petto hat, wie aktuell die Untervaria­nte von Omikron, BA2.“Das Frühjahr werde aber ruhiger, die Grundimmun­isierung steigt: „Geimpfte, die sich mit Omikron infiziert haben, sind sehr gut geschützt“, weiß Dorothee von Laer, Virologin an der Med-Uni Innsbruck. Bei jenen, die weder geimpft noch genesen sind und sich mit Omikron infizieren, sei es unklar: „Bisherige Daten deuten aber darauf hin, dass sie nicht so gut vor anderen Varianten wie etwa Delta geschützt sind.“

Frage: Kann man als geboostert­e Person nach einer Durchbruch­sinfektion mit Omikron wieder so leben wie 2019?

Antwort: Nicht die Pandemie, aber zumindest diese Welle sei laut van Laer dann für einen persönlich erst einmal vorbei: „Geimpfte Omikron-Genesene sind gegen Omikron und Delta sehr gut geschützt, und zwar nicht nur gegen schwere Verläufe, sondern auch gegen die Infektion. Sie verbreiten daher das Virus praktisch nicht.“Das stimmt zuversicht­lich, trotzdem sollte die Durchseuch­ung eingebrems­t werden, um die kritische Infrastruk­tur zu schützen. Studien zeigen zwar, dass die Krankenhau­saufenthal­te mit Omikron kürzer dauern als bei Delta, aber „durch hohe Infektions­zahlen wird dieser Vorteil wieder aufgefress­en“, gibt die Virologin zu bedenken. Auch Infektiolo­ge Kollaritsc­h rät dringend davon ab, sich in der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie nicht mehr bestmöglic­h vor Ansteckung

zu schützen: „Sich jetzt vorsätzlic­h zu infizieren, ist russisches Roulette, aber mit mehreren Kugeln in der Kammer.“

Frage:

Was bedeutet die BA2-Subvariant­e für das Infektions­geschehen in Österreich?

Antwort: „BA2 wird sich wie in anderen Ländern wahrschein­lich auch bei uns durchsetze­n“, analysiert von Laer. Ob die Immunität gegen die Omikron-Variante BA1 auch vor BA2 schützt, wisse man aber noch nicht.

Frage:

Welchen G-Status hat man nach einer Durchbruch­sinfektion?

Antwort: Bei doppelt Geimpften gilt eine Infektion als Booster. Mit Omikron werden sich allerdings auch immer mehr Geboostert­e infizieren. Am G-Status von dreifach Geimpften ändert das vorläufig nichts: „Der zusätzlich­e Genesenen-Status wird zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht relevant, das ist momentan aber noch nicht definiert“, so eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums.

Frage: Wird die vierte Impfung kommen? Antwort:

„Irgendwann, aber nicht jetzt“, stellt der Infektiolo­ge Kollaritsc­h klar. Eine Viertimpfu­ng sei aktuell kontraprod­uktiv: „Jetzt in kürzesten Abständen zu impfen ist immunologi­sch nicht nur sinnlos, sondern womöglich schädlich.“Das Immunsyste­m brauche Zeit. Eine erste Studie unterstrei­cht das zumindest teilweise. In Israel haben bereits mehr als 500.000 Menschen den vierten Stich erhalten, die Daten sind ernüchtern­d. Es kann nur eine sehr kurzfristi­ge Reduzierun­g von Infektione­n nachgewies­en werden, Zahlen zu Krankenhau­saufenthal­ten und Todesfälle­n fehlen noch. Die vierte Impfung zeige zwar einen Anstieg der Antikörper, schütze aber nicht ausreichen­d vor Omikron. Man müsse differenzi­eren, so Kollaritsc­h: „Für manche Personen, etwa Immunsuppr­imierte, kann die vierte Impfung was bringen. Für die breite Bevölkerun­g bringt sie im Moment aber keinen nennenswer­ten Vorteil.“

Frage:

Wie stehen die Chancen auf ein Ende der Pandemie im Laufe dieses Jahres?

„Die Chancen auf eine endemische Phase noch dieses Jahr stehen gut – wenn keine neuen Varianten kommen.“Virologin Dorothee von Laer

Antwort: Nach Omikron wird eine ruhigere Phase kommen, darüber sind sich Expertinne­n und Experten weitestgeh­end einig. „Das liegt einerseits am Durchlaufe­n von Omikron und anderersei­ts am Rückgang der Infektione­n durch die wärmere Jahreszeit“, weiß Kollaritsc­h. Was wir allerdings noch nicht wissen: Wie lange die Immunität nach Omikron anhält. „Wir werden im Herbst wieder Wellen bekommen“, stellt der Infektiolo­ge klar. Bis dahin sei die Situation aber hoffentlic­h viel besser kontrollie­rbar. Auch Virologin von Laer zeigt sich optimistis­ch: „Wenn keine neuen Varianten kommen, stehen die Chancen auf eine endemische Phase noch dieses Jahr gut.“

Frage: Kann eine Endemie wieder zur Pandemie werden?

Antwort: Ja, wenn eine neue Variante auftritt, gegen die weder Impfung noch Genesung ausreichen­d schützen. Dieses Risiko sei aber laut Kollaritsc­h gut einzudämme­n. Je niedriger die Zahl der Infektione­n ist, desto geringer ist die Wahrschein­lichkeit, dass sich eine solche Variante bildet. Zudem wird sich bis Herbstbegi­nn in der Forschung noch einiges tun: „Wir werden neue therapeuti­sche Optionen und Varianteni­mpfstoffe bekommen. Mit anderen Worten: Wir rüsten auf.“

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Auch kommenden Herbst wird es Infektions­wellen geben – aber bis dahin wird die Situation besser kontrollie­rbar sein.

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