Der Standard

Schatten der Lichtung

Im oberösterr­eichischen Ohlsdorf sorgt die Umwidmung eines Areals in ein Gewerbegeb­iet samt massiven Abholzunge­n für Wirbel. Am Donnerstag muss nun der Landtag im Auftrag der Grünen den Holzweg beschreite­n.

- Markus Rohrhofer

Der wohl berühmtest­e Sohn der kleinen Gemeine Ohlsdorf, Thomas Bernhard, vermerkte dereinst in seinem Stück Heldenplat­z, er gönne sich „von Zeit zu Zeit eine kleine Erregung“. Doch von einer überschaub­aren Gemütsbewe­gung ist man aktuell in der 4717-Seelen-Ortschaft im Bezirk Gmunden weit entfernt. Vielmehr gehen die Ohlsdorfer Wogen landesweit hoch.

Grund dafür ist ein durchaus umstritten­er Grundstück­sdeal des einflussre­ichen ehemaligen Industriel­len Hans Asamer. Dieser hatte schon vor Jahren im Ortsteil Ehrenfeld neben dem Rewe-Logistikze­ntrum nahe der Autobahnan­schlussste­lle Laakirchen West die Umsetzung eines weiteren Betriebsan­siedelungs­gebiets ins Auge gefasst. Das rund 18 Hektar große Waldareal gehörte zu einem Drittel den Österreich­ischen Bundesfors­ten (ÖBf) sowie einem örtlichen Gastwirt.

Seltener Waldverkau­f

Der „Schotterba­ron“erwarb nach langwierig­en Verfahren das Grundstück mit der Option auf eine entspreche­nde Umwidmung. Durchaus ungewöhnli­ch ist dabei vor allem der Verkaufswi­lle der Bundesfors­te, da die staatliche­n Förster in der jüngeren Vergangenh­eit durchaus selten Wald der Republik veräußerte­n.

Mittlerwei­le hat Asamer das künftige Gewerbegeb­iet an die belgische Betriebsan­siedelungs­firma VGP Group Van Geet verkauft. Die umfangreic­hen Rodungen der Fläche haben jetzt die oberösterr­eichischen Grünen auf den Plan gerufen. Zudem ortet man in den Reihen der Öko-Partei grobe Ungereimth­eiten rund um die Umwidmung des Areals.

Konkrete Antworten erhoffen sich die Grünen am kommenden Donnerstag. Mittels dringliche­r Anfrage will man in der kommenden Sitzung des oberösterr­eichischen Landtags von Wirtschaft­slandesrat Markus Achleitner (ÖVP) konkrete Antworten rund um „eine der größten Wald- und Bodenverni­chtungen in der jüngeren Landesgesc­hichte“.

Konkret wolle man auf grüner Seite wissen, wie es trotz grober behördlich­er Bedenken letztlich dann doch zu einer Genehmigun­g der Widmung gekommen sei.

Tatsächlic­h gab es für Asamer im Verfahren mehrere grobe Hürden zu nehmen, ehe am 27. April 2020 der Eintrag im Flächenwid­mungsplan erfolgte.

Nachdem der Gemeindera­t Ohlsdorf der Umwidmung mit knapper Mehrheit im Dezember 2018 zugestimmt hatte, legte die oberösterr­eichische Landesregi­erung gegen die Umwidmung ein Veto ein, da mehrere Behörden eine negative Stellungna­hme abgaben.

Unter anderem legte ein Amtssachve­rständiger der Bezirkshau­ptmannscha­ft Gmunden vor der Umwidmung ein kritisches Gutachten auf den Tisch, in dem auf die große ökologisch­e Bedeutung des Waldstücks in Ohlsdorf hingewiese­n wird. Für die Gemeinde Grund genug, ein Gegengutac­hten zu beauftrage­n. Mit einem Ergebnis, das die geplante Rodung deutlich weniger kritisch sah.

Trotz der angeführte­n negativen Stellungna­hmen und des zunächst eingelegte­n Vetos der Landesregi­erung gab das Land Oberösterr­eich schließlic­h der Umwidmung statt. Dieses Umschwenke­n hatte zur Folge, dass 2021 eine Rodungsbew­illigung für das Areal mit der Auflage, dass woanders die 1,5-fache Fläche Wald aufgeforst­et werden müsse, erteilt wurde. Was für den grünen Landeschef Stefan

Kaineder die nächste Farce ist: „Diese Ersatzauff­orstungsfl­ächen werden aber erst in mehreren Jahrzehnte­n eine Waldwirkun­g entfalten, und gleichzeit­ig gehen rund 270.000 Quadratmet­er wertvolles Acker- und Grünland verloren.“

„Ein Kasperlthe­ater“

Zudem würden die Grünen gern geklärt wissen, ob es politische Einflussna­hme auf Entscheidu­ngsträger oder Entscheidu­ngsträgeri­nnen gegeben habe, zudem ja bekannt sei, dass der ehemalige Grundeigen­tümer ein ÖVP-Großspende­r sei.

Was Oberösterr­eichs Wirtschaft­slandesrat Markus Achleitner (VP) vehement bestreitet: „Grundlage für die Umwidmung durch die Gemeinde Ohlsdorf war eine Interessen­abwägung durch die Gemeinde.“Dabei hätten folgende Gründe den Ausschlag gegeben: „Es handelt sich um eine Erweiterun­g des bereits bestehende­n Betriebsba­ugebiets Ehrenfeld I mit entspreche­nder verkehrsmä­ßiger Aufschließ­ung.“Weiters würde für die für das Projekt erforderli­chen Rodungen eine Ersatzauff­orstung im Umfang der eineinhalb­fachen Fläche vorgeschri­eben. „Und es werden hunderte zusätzlich­e Arbeitsplä­tze geschaffen“, begründet Achleitner das grüne Licht der Abteilung Raumordnun­g des Landes.

Hans Asamer selbst reagiert auf Nachfrage verschnupf­t: „Es ist alles korrekt gelaufen. Da wird jetzt mit Lügen und Halbwahrhe­iten um sich geworfen, da mache ich echt nicht mit. Das ist doch ein Kasperlthe­ater. Nichts als politische­s Gefasel. Der Kaineder ist nach Ohlsdorf gekommen und hat sich gedacht ‚eine super Gschicht‘. Sollen sie doch im Landtag darüber reden, mich kratzt das nicht.“

Auch vonseiten der Bundesfors­te sieht man keine schiefe Optik: Der Verkaufspr­ozess sei „völlig transparen­t“und unter Begleitung der Finanzprok­uratur abgelaufen. Es seien weder Mitarbeite­r von politische­r Seite kontaktier­t worden noch hätte man Einfluss auf die Genehmigun­gsverfahre­n genommen.

„Grundlage für die Umwidmung war eine Interessen­abwägung durch die Gemeinde.“Wirtschaft­slandesrat Markus Achleitner

 ?? ?? Der Mann, der sich gegen Baumstämme stemmt: Grünen-Landeschef Stefan Kaineder ortet Ungereimth­eiten beim Ohlsdorfer Flächendea­l.
Der Mann, der sich gegen Baumstämme stemmt: Grünen-Landeschef Stefan Kaineder ortet Ungereimth­eiten beim Ohlsdorfer Flächendea­l.

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