Der Standard

Munition für die Autobahnba­uer

Neue Expertise soll Pflicht zum Tunnelbau untermauer­n

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Wien – Für die Lobautunne­l-Befürworte­r ist das vom Asfinag-Vorstandsd­uo Hartwig Hufnagl und Josef Fiala in Auftrag gegebene Rechtsguta­chten auf gut Wienerisch ein gefundenes Fressen. „Der Lobautunne­l ist umzusetzen“, forderten am Dienstag der designiert­e Wiener VP-Obmann und Stadtrat Karl Mahrer und sein Klubobmann Markus Wölbitsch einmal mehr.

Sie berufen sich auf eine rechtliche Stellungna­hme von Schönherr Rechtsanwä­lte, die zum Schluss kommen, dass der von Verkehrsun­d Umweltmini­sterin Leonore Gewessler (Grüne) verfügte Baustopp nicht rechtens sei. Das Bundesstra­ßengesetz sehe den Bau der S1 inklusive Lobautunne­l vor, und es obliege allein dem Gesetzgebe­r, über den Bau oder eine Absage des auf

gut 1,9 Milliarden Euro taxierten Schnellstr­aßen-Lückenschl­usses zu befinden. Auch stehe es der Ministerin nicht zu, das Vorhaben dauerhaft zu verschlepp­en, indem das Projekt aus dem aktuellen Bauprogram­m der Asfinag entfernt und so nach hinten geschoben werde.

Dauerhaft unterlaufe­n?

Die Verpflicht­ung zum Bau dürfte durch die Eigentümer­vertreteri­n

der Autobahnen- und Schnellstr­aßen Finanzieru­ngs AG (Asfinag)

nicht dauerhaft unterlaufe­n werden, sondern nur vorübergeh­end. Die Experten nennen dies „Torpedieru­ngsverbot“, schreibt der Kurier.

Ob die von der Verkehrsmi­nisterin im Juni über ihren Generalsek­retär,

Sektionsch­ef und Asfinag-Aufsichtsr­at Herbert Kasser ausgegeben­e Losung eine Weisung darstellt, respektive ein Verbot, weitere Bauoder Planungsar­beiten vorzunehme­n, wird auch in der neuen Expertise thematisie­rt. Wie bereits die Gesellscha­ftsrechler der Kanzlei KWR Karasek Wietrzyk qualifizie­ren das Schreiben vom Juni 2021 auch Schönherr Anwälte als aktienrech­tliche Weisung und unzulässig­en Eingriff in das operative Geschäft.

Warnung oder Weisung?

Ein Rechtsbera­ter im staatliche­n Bereich sah das schon damals als überzogen an: „Das war keine Weisung, sondern eine Warnung. Würde die Asfinag ihr Bauprogram­m weitertrei­ben, neue Projekte beginnen, ehe die Evaluierun­g des Bauprogram­ms vorliegt, könnte Schaden entstehen“, sagt der mit Rechtssach­en der Republik Vertraute, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Dieser Schaden wäre dann viel größer als die 19 Millionen Euro an „stranded costs“.

Über die Einschätzu­ng der Folgeschäd­en des Baustopps gehen die Meinungen weit auseinande­r. Bisweilen wird die für Planungen, Rechts- und Umweltguta­chten sowie Wasserrech­ts- oder Naturschut­zbescheide der Lobau-Autobahn ausgegeben­e Summe mit 59 Mio. Euro angegeben. So viel müsse die Asfinag für verlorene Planungsko­sten rückstelle­n in der Bilanz, heißt es. Verlorene Planungsko­sten seien ein typisches Unternehme­nsrisiko. (ung)

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