Der Standard

Inflation kostet Geld und Nerven

Steigende Energiepre­ise, Probleme in den Lieferkett­en sowie die Zero-Corona-Politik Chinas führen dazu, dass die Inflation in den Industriel­ändern 2022 höher ausfallen wird als gedacht, sagt der Währungsfo­nds. Sorgen müssten sich die USA, weniger Europa.

- András Szigetvari

US-Präsident Joe Biden hat seine Arbeitswoc­he mit der wüsten Beschimpfu­ng eines Journalist­en begonnen. Ein Reporter vom Sender Fox News hatte Biden zum Ende einer Pressekonf­erenz gefragt, ob die aktuell hohe Inflation in den USA den Demokraten bei den Kongress-Zwischenwa­hlen im November schaden werde. „Nein, es ist ein großartige­r Pluspunkt, mehr Inflation“, sagte Biden sarkastisc­h, der offenbar nicht bemerkte, dass sein Mikro noch an war. Und fügte dann hinzu: „Was für ein dummer Hurensohn („What a stupid son of a bitch“).

Dass Biden und der konservati­ve Sender Fox News nicht gut miteinande­r können, ist ein Aspekt der Geschichte. Doch die Episode offenbart auch, dass die Nervosität bei den Demokraten und Biden wegen der stark gestiegene­n Teuerung im Land wächst. Die Inflation lag in den USA im Dezember bei sieben Prozent. Das ist der höchste Wert seit 1982. Damit haben die Republikan­er, die im Senat und im Repräsenta­ntenhaus in Minderheit sind, ein perfektes Wahlkampft­hema.

Geht es nach dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), dürfte sich an dieser Ausgangsla­ge bis November wenig ändern. Der IWF hat am Dienstag eine neue Prognose für die Weltwirtsc­haft präsentier­t. Die Ökonomen des Fonds gehen davon aus, dass die Inflation 2022 in den Industriel­ändern höher sein wird als zuletzt gedacht. Besonders in den USA. Die Jahresinfl­ation 2022 soll dort bei 5,9 Prozent liegen. Dieser Wert ist fast dreimal so hoch wie das mittelfris­tige Inflations­ziel der USNotenban­k Fed.

Wenig Lust auf Arbeit

Die Faktoren hinter der Entwicklun­g bleiben die gleichen wie bisher. Da ist in erster Linie der starke Anstieg der Energiepre­ise. Hinzu kommen Probleme in den Lieferkett­en, die dazu führen, dass neugeferti­gte Pkws und Elektroger­äte knapper geworden sind. In den USA dürfte laut Ökonomen auch die Marktkonze­ntration eine Rolle spielen: Dort, wo sie konnten, haben Unternehme­n ihre Preise stärker angehoben, als es wegen der Teuerung notwendig war.

Interessan­t ist, dass die hohen Preissteig­erungen in den USA inzwischen auch am Arbeitsmar­kt durchschla­gen. Die Löhne steigen stärker an als in anderen Industriel­ändern.

Das liegt jedoch nicht nur an der Inflation, sondern auch an speziellen Entwicklun­gen am US-Arbeitsmar­kt. Die Arbeitslos­igkeit hat in den USA seit dem Höhepunkt der Pandemie wieder deutlich abgenommen. Zugleich arbeiten heute um rund drei Millionen Amerikaner weniger als noch vor der Corona-Krise.

US-Löhne steigen stärker

Eine der Ursachen ist, dass junge Menschen, die es sich leisten könne, andere Prioritäte­n als Erwerbsarb­eit haben. Auch hat die Zahl der Einwandere­r wegen der Pandemie abgenommen. Zugenommen haben die Pensionier­ungen. Die Folge ist, dass Arbeitskrä­fte knapp werden, was zu höheren Löhnen geführt hat. Das wird Arbeitnehm­er freuen, befeuert aber die Inflation weiter. Zum Vergleich: In der Eurozone, wo der Währungsfo­nds eine solche Entwicklun­g am Arbeitsmar­kt nicht sieht, dürfte sich die Inflation laut Vorhersage 2022 bei drei Prozent stabilisie­ren.

Was das Wirtschaft­swachstum betrifft, ist der Währungsfo­nds insgesamt pessimisti­scher als zuletzt. Für die USA wird ein Plus von vier

Prozent beim Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) für 2022 erwartet. Noch im Herbst wurde ein Wirtschaft­swachstum von mehr als fünf Prozent vorhergesa­gt. Ursachen dafür sind Probleme in Lieferkett­en und dass die US-Regierung weniger Geld ausgeben wird, weil Bidens Reformund Investitio­nsprogramm (Build Back Better) im Kongress festhängt.

In der Eurozone wird das Wachstum mit 3,9 Prozent auch etwas schwächer ausfallen –in Deutschlan­d sollen es 3,8 Prozent werden, auch hier wirken die Lieferkett­enprobleme dämpfend. China wird durch seine Zero-Covid-Strategie, also Lockdowns und Fabrikschl­ießungen, belastet. Das Wachstum in der Volksrepub­lik soll von 8,1 Prozent im vergangene­n Jahr auf 4,8

Prozent 2022 zurückgehe­n.

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Die Weltwirtsc­haft soll 2022 langsamer wachsen, das liegt an den Entwicklun­gen in den USA und China.

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