Der Standard

Wie der Maskendeal gerettet werden sollte

- Renate Graber

Ein Rotkreuz-Mitarbeite­r gab dem Manager des Maskenlief­eranten Oberalp Tipps, wie man die Republik unter Druck setzen könne. Er soll zur Klage in Österreich geraten haben, so der Deal abgeblasen würde.

Die Causa FFP2-Masken sorgt weiterhin für Aufsehen. Nach Bekanntwer­den der Vermutung der italienisc­hen Ermittler, dass Manager der Bozener Oberalp mit den Führungskr­äften des Österreich­ischen Roten Kreuz (ÖRK) „sehr enge Beziehunge­n“unterhielt­en, meldete sich am Mittwochvo­rmittag der Vertreter der Eigentümer­familie und Oberalp-Präsident Heiner Oberrauch zu Wort.

In einer Aussendung betonte er, dass er die Verantwort­lichen des ÖRK nicht kenne und nie mit ihnen telefonier­t oder gesprochen habe. Auch der Bozener Oberalp-Chef habe die ÖRK-Spitze nicht gekannt, bis sie ihn kontaktier­t hätte. Und er wiederholt­e, dass Oberalp die Corona-Schutzausr­üstung nicht aus China importiert, sondern „in einer Notsituati­on nur dringend benötigte Warenliefe­rungen vermittelt“habe. Die Qualitätsk­ontrolle sei dem Roten Kreuz oblegen. Im Übrigen kommentier­e man die laufenden Ermittlung­en nicht mehr.

In Österreich ermittelt die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), sie

„Das Rote Kreuz hat 1,5 Prozent für seinen Arbeitsauf­wand verrechnet, weit unter den üblichen Marktpreis­en.“Sprecher des Roten Kreuzes

geht dem Verdacht des schweren Betrugs nach. Im Frühling 2020 hatte die Republik die Einkaufsto­chter des Roten Kreuz mit der Beschaffun­g von Masken betraut. Die wendete sich an die Südtiroler, um Ware aus China zu beschaffen. Diese Masken waren jedoch mangelhaft, laut Finanzprok­uratur hat die Republik 15 Millionen Euro für Masken an Oberalp bezahlt, 11,7 Mio. Stück seien schadhaft gewesen.

Die italienisc­hen Ermittler haben Telefonate eines Oberalp-Managers abgehört und Chats ausgewerte­t. Die Ermittlung­sergebniss­e legen nahe, dass das Problem diskret behandelt werden und gemeinsam gelöst werden sollte. Ende Mai 2020 teilte der Rot-Kreuz Mann dem Zuständige­n von Oberalp mit, es sei – so das Material nicht verwendet werden könne – wichtig, dass die Sache nicht an die Öffentlich­keit gelange. Dass die Masken, anders als vereinbart, nicht für den medizinisc­hen Gebrauch geeignet waren, sei für Abnehmer außerhalb dieses Bereichs egal. Die Masken anderweiti­g zu verkaufen sei eine Lösung, bei der niemand sein Gesicht verliere, waren sich die beiden einig.

Klagsdrohu­ng gegen Ministeriu­m

Der Rotkreuz-Mitarbeite­r selbst habe dem Wirtschaft­sministeri­um (das den Vertrag mit dem Roten Kreuz abgeschlos­sen hat, Anm.) im informelle­n Gespräch auch klargemach­t, dass ein Wegfall des Deals für Oberalp ein wirtschaft­liches Problem bedeuten würde, was dieser auch so sah.

Nach einem Termin des Rotkreuz-Mitarbeite­rs im Wirtschaft­sministeri­um schlug er beim Oberalp-Manager Alarm: Das Ministeriu­m trage sich mit dem Gedanken, aus dem Vertrag auszusteig­en. Er dürfte dort aber laut Ermittlung­sergebniss­en klar gemacht haben, dass Oberalp dann klagen werde. Das sei aber nicht wünschensw­ert.

Laut italienisc­hen Ermittlung­en soll er dem Südtiroler den Tipp gegeben haben, im Klagsfall ein österreich­isches Gericht zu involviere­n, sinngemäß, weil das öffentlich­keitswirks­amer wäre. Es gehe bei alldem aber ohnehin mehr um die Drohung, weil Politiker auf negative Schlagzeil­en allergisch sind. Der Österreich­er dürfte damals dem Ministeriu­m geraten haben, auch nach anderen Abnehmern für die Masken zu suchen.

Ein Vorschlag, dessen Umsetzbark­eit der Südtiroler Manager aber bezweifelt haben soll. Er dürfte es nicht für realistisc­h gehalten haben, dass außerhalb des medizinisc­hen Bereichs eine zweistelli­ge Millionenz­ahl an Masken gebraucht würden. Ein Argument, das der Rotkreuz-Mann für unerheblic­h befunden haben soll. Es gehe eben um den Aufbau einer Drohkuliss­e für negative Veröffentl­ichungen.

Endabrechn­ung fehlt noch

Heute weiß man, wie die Sache ausging: Es kamen massenweis­e weitere mangelhaft­e Masken, die Finanzprok­uratur hat Anzeige erstattet, weil sie es für möglich hält, dass die Republik spätestens ab Juni 2020 getäuscht wurde. Die Betroffene­n bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Das Rote Kreuz betont, dass es nicht zu den Beschuldig­ten zählt. Das gilt auch für Ministeriu­msmitarbei­ter. Ein Sprecher des Roten Kreuz bestätigt, dass es der Republik für seinen Arbeitsauf­wand 1,5 Prozent verrechnet habe, weit unter den üblichen Marktpreis­en. Endabrechn­ung gebe es noch nicht, die Behörde prüfe noch.

 ?? Foto: AFP / Christoph Stache ?? Der Staat bekam Millionen von FFP2-Masken, die nicht seinen Vorgaben entsprache­n.
Foto: AFP / Christoph Stache Der Staat bekam Millionen von FFP2-Masken, die nicht seinen Vorgaben entsprache­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria