Die Piratin, die nicht aufgegeben hat
Markéta Gregorová sorgt sich um Europas Demokratie
Markéta Gregorová weiß, was Scheitern bedeutet. Die 29-jährige Tschechin, die lange im ECommerce-Bereich gejobbt hat, ist seit Jahren politisch aktiv, verpasste aber wiederholt knapp notwendige Prozenthürden bei lokalen, nationalen und europäischen Wahlen. Dass es ihr aber nicht nur um den Posten oder das Salär, sondern vor allem um die Sache geht, bewies das Mitglied der Piratenpartei, als sie die Stelle als Kulturstadträtin von Brünn ausschlug, weil sie inhaltlich nicht mit der Dreiparteienkoalition aus Konservativen, Christ- und Sozialdemokraten übereinkam. Seit 2019 ist Gregorová, die Europastudien studierte, EU-Abgeordnete und findet: „Die besten Ergebnisse erreicht man immer, wenn man möglichst viele Meinungen und Erfahrungen hört.“
Eben dieses Argument der Erfahrung werde aber zu oft gegen junge Entscheidungsträgerinnen ins Spiel gebracht, dabei machen diese oftmals ganz andere Erfahrungen, die mindestens gleich wichtig sind. Und sie fügt an: Man könne zwar davon träumen, dass Politikerinnen und Politiker stets alle Generationen vertreten. Die Realität zeige aber, dass das nicht der Fall sei.
Deshalb brauche es Parteien, die junge, diverse Menschen an wählbare Plätze setzen.
Demokratieproblem
Neben der Klimakrise und der europaweit grassierenden Teuerung am Wohnungsmarkt sorgt sich die Piratin vor allem um die Demokratie auf dem Kontinent. „Uns wurden fliegende
Autos versprochen, und jetzt reden wir in manchen Staaten wieder darüber, ob Frauen überhaupt in die Politik sollten und ob Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeit frei machen können“, zeigt sie sich enttäuscht. Den Mix aus Politfrust, Pandemie und radikalen Parteien hält sie für brandgefährlich. Man müsse aufpassen, dass die Jugend nicht bald in autoritären Regimen aufwache.
Dies hängt freilich auch mit der Verbreitung von Fake News zusammen. Laut Gregorová sei die Anfälligkeit für solche Falschmeldungen aber keine Frage des Alters. Studien würden zeigen, dass es eher mit dem Bildungsgrad zusammenhängt. Vor allem aber mit einem Vertrauen in die Politik. Wer der Regierung vertraut, glaubt ihr auch, wenn sie auf transparentem Weg die Tatsachen präsentiert.
Gregorovás Vision für 2050 ist ein europäischer Föderalismus, der auch lokale Kulturen und Identitäten zulässt, weil sich um die großen Probleme die EU ohnehin schon kümmert.