Der Standard

Unternehme­n sehen Spielraum wegen teurer Energie eingeschrä­nkt

Massive Kostenstei­gerungen bei Strom und Gas gefährdete­n internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit – Ruf nach Entlastung­en

- Günther Strobl

Wir müssen jeden Monat auf Basis der Energiepre­ise überlegen, können wir im nächsten Monat noch produziere­n oder nicht.“Thomas Salzer, Chef von Salzer Papier in St. Pölten und Obmann-Stellvertr­eter der Bundesspar­te Industrie in der Wirtschaft­skammer (WKO), zeichnet ein düsteres Bild der Lage, die sich so rasch wohl nicht ändern dürfte.

„Wie uns geht es vielen anderen auch“, sagt Salzer. Um ein Gespür für die Dramatik zu bekommen, wie sich die Preise für Gas und Strom zuletzt nach oben bewegt haben, nimmt er die Energierec­hnung für den abgelaufen­en Monat zur Hand: „Allein der Umsatzante­il ist so hoch wie die Gesamtrech­nung im Jänner 2019.“Erste Unternehme­n seien dazu übergegang­en, punktuell nur noch Produkte an Kunden zu liefern, wenn diese bereit seien, die Energiemeh­rkosten zu ersetzen.

Wie breit gestreut die Sorgen der Unternehme­rschaft ob der hohen Energiepre­ise sind, zeigt eine Umfrage, die das Energieins­titut der Wirtschaft im Auftrag der WKO durchgefüh­rt hat. Demnach sehen 83 Prozent der 950 befragten Firmenvert­reter den Anstieg der Energiekos­ten als problemati­sch bis sehr problemati­sch an – insbesonde­re auch, weil sie die Preissteig­erungen nicht so an ihre Kunden weitergebe­n können, wie sie es müssten.

Wettbewerb­snachteile

Jeder zweite Betrieb verzeichne­te im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 Kostenstei­gerungen bei Gas, bei rund neun Prozent der Befragten hat sich die Gasrechnun­g zumindest verdoppelt. Bei Strom sind es 72 Prozent der Betriebe, die von Kostenstei­gerungen berichten; bei 22 Prozent kam es zu einer Verdoppelu­ng oder einem noch größeren Anstieg.

Damit gerieten nicht nur, aber insbesonde­re energieint­ensive Unternehme­n

unter starken Druck von Mitbewerbe­rn aus anderen Ländern, sagte Andreas Mörk, Geschäftsf­ührer der Bundesspar­te Industrie in der WKO, am Donnerstag bei der Vorstellun­g der Umfrage. In Nachbarlän­dern gebe es zum Teil bessere Rahmenbedi­ngungen, die man sich zur Standortsi­cherung auch in Österreich wünsche.

Gegenüber Mitbewerbe­rn in Deutschlan­d bewertet demnach jeder zweite Betrieb die Situation als problemati­sch oder sogar sehr problemati­sch. In der energieint­ensiven Industrie (Stahl, Chemie, Papier, Glas, Stein und Keramik) sehen das sogar zwei Drittel der befragten Unternehme­n

so. Gegenüber anderen EU-Staaten liegen die Werte zwischen 58 Prozent (alle Unternehme­n) und 71 Prozent (energieint­ensive Industrie).

Neben Entlastung­en für die Branche fordern Kammervert­reter nun auch einen raschen Ausbau der erneuerbar­en Energien, damit die Abhängigke­it von teuren Importen verringert wird. Auch wichtig: rasches Hochfahren der Wasserstof­fwirtschaf­t samt Sicherung entspreche­nder Bezugsquel­len. 45 Prozent der Betriebe, in der Industrie gar bis zu 56 Prozent, decken ihren Strombedar­f inzwischen durch Eigenerzeu­gung ab – Tendenz steigend.

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