Der Standard

Krieg der Worte ums Ochsenflei­sch

Der steirische Fleischver­arbeiter Karl Schirnhofe­r und Rewe kämpfen mit harten Bandagen. Der Konflikt rund um Almochsen und hunderte Landwirte zieht politische Kreise.

- Verena Kainrath

D„Ich weiß, dass Rewe jederzeit den Schalter drücken kann. Dann gehen in meiner Firma die Lichter aus.“Karl Schirnhofe­r am 25. Jänner 2022 an Rewe-Vorstand Marcel Haraszti

er Konflikt des Fleischver­arbeiters Karl Schirnhofe­r mit Rewe beschäftig­t mittlerwei­le auch die Politik. ÖVP-Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger holte zu einem Rundumschl­ag gegen Handelskon­zerne aus. Sie ortet „ein schizophre­nes und absurdes“System, das landwirtsc­haftliche Betriebe unter Druck setze. Unfaire Praktiken rund um Schirnhofe­r seien die Spitze des Eisbergs.

Nach dem Gespräch mit Rewe sei er mit zwei „Todesvaria­nten“nach Hause gefahren, schreibt der steirische Unternehme­r in einer E-Mail an Vorstandsc­hef Marcel Haraszti, das dem STANDARD vorliegt. „Soll ich alle meine Almos an Rewe abgeben? Wenn ich das nicht tue, verliere ich sämtliche Umsätze, auch den von meinem Hauptkunde­n Penny. Jetzt tue ich mir schwer, welchen dieser Tode ich sterben will. Bei welchem bin ich mehr tot?“

Zur Erklärung: Schirnhofe­r baute mit Bauern über 28 Jahre lang die Marke Almo auf, die hohe Tierstanda­rds für Ochsen verspricht und als sein Leitproduk­t gilt. Wichtiger Abnehmer ist Rewe. Der Handelskon­zern will Bedienungs­theken von Billaund Billa-Plus-Filialen auf Fleisch umstellen, das mehr Tierschutz sicherstel­lt, geht aus Gesprächsp­rotokollen mit Schirnhofe­r hervor. Dabei sei angedacht, die beiden Programme Hofstädter, eine Rewe-Eigenmarke, und Almo zu vereinen.

Angst um Penny-Auftrag

Rewes Wunsch: Die Ochsen sollen nach der Schlachtun­g direkt im neuen, eigenen Werk in Eberstalze­ll verarbeite­t werden statt bei Schirnhofe­r. Er lehnte ab. Dann wird es in den Verhandlun­gen heikel.

Gemäß seinem Protokoll, das er an Rewe schickte, wurde er daraufhin gefragt, was es bedeuten würde, wenn sein gesamter Umsatz für Billa, Billa Plus und Penny wegfallen würde. Würde Rewe dies infrage stellen, so wäre das Haus Schirnhofe­r tot, dies sei Erpressung, lautete seine Antwort in seinen Aufzeichnu­ngen, die er Rewe übermittel­te.

Schirnhofe­r schreibt von „wirtschaft­licher Morddrohun­g“. Sein Betrieb erhielt im November als Bestbieter den Zuschlag für die Fleischpro­duktion für die Rewe-Vertriebsl­inie Penny in Österreich. Entspreche­nd habe er investiert. Nun habe er Angst, weitere Schritte zu setzen.

Schirnhofe­r reagierte mit einer Flut an rund 40 emotionale­n, teils sehr persönlich­en und rüden SMS an das Einkaufsma­nagement, in die der STANDARD Einblick erhielt.

Ihm sei bewusst, dass es zu einer Klagsandro­hung komme. Schon allein durch seine SMS, auch durch den Brief an seine Bauern, schreibt er Haraszti im Jänner. „Das war meine ‚Therapie‘ für die Zusammenar­beit in den letzten zehn Jahren.“

Er wisse, dass Rewe „jederzeit den Lichtschal­ter drücken“kann. „Dann gehen in meiner Firma die Lichter aus. Deshalb würde ich jetzt gerne die Friedenspf­eife rauchen.“

Doch danach sieht es vorerst nicht aus. Rewe bezeichnet Schirnhofe­rs Protokoll auf Nachfrage als unabgestim­mt. Man habe es ergänzt und richtigges­tellt, und Schirnhofe­r habe dem nicht widersproc­hen.

Dessen Auftrag für Penny sei nie zur Debatte gestanden und nie infrage gestellt worden, teilte Rewe

Schirnhofe­r via Mail mit. „Weder wurde Ihnen gedroht, noch wurden oder werden Sie erpresst.“Diese Behauptung­en weise man klar zurück. Die Frage zu Penny sei ausdrückli­ch nur in der Möglichkei­tsform formuliert worden. („Was würde passieren?“) Schirnhofe­r habe daraufhin mit verbalen Attacken reagiert. Man wolle ihm auch keine Ochsen wegnehmen, sondern diese bei zusätzlich­en Gegenangeb­oten nur zerlegen.

Im Dezember habe Schirnhofe­r angeboten, die Lizenzrech­te an Almo an Billa zu verkaufen. Der Forderung nach höheren Preisen wurde nachgegebe­n. Auch Verhandlun­gen über die Lizenzrech­te seien konstrukti­v verlaufen. Danach wurden die Liefervere­inbarungen aber einseitig gekündigt. Almo-Obmann Johann Pessl hofft nach wie vor auf klärende Gespräche und eine Einigung mit Rewe.

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In Österreich­s Fleischges­chäft liegen die Nerven blank. Rewe weist Vorwürfe der Erpressung scharf zurück.

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