Der Standard

Fed leitet Ende des billigen Geldes ein

Verbrauche­r, Unternehme­n und die Finanzmärk­te müssen sich wieder an steigende Kosten für Kredite und Finanzieru­ngen gewöhnen. Schon im März will die US-Notenbank an der Zinsschrau­be drehen.

- FRAGE & ANTWORT: Bettina Pfluger

Fed-Chef Jerome Powell hat gesprochen, weltweit haben die Marktteiln­ehmer zugehört. Glücklich sind die Investoren nicht, weil Powell zwar vieles angekündig­t, aber Details schuldig geblieben ist. Klar ist, dass die Ära des billigen Geldes in den USA nun endet.

Frage:

Was hat der Fed-Chef am Mittwoch verkündet?

Antwort: Fed-Chef Jerome Powell hat im Wesentlich­en drei Punkte angekündig­t: Die US-Notenbank wird ihre auf fast neun Milliarden Dollar aufgebläht­e Bilanz verkürzen, das Corona-Anleihenka­ufprogramm im März auslaufen lassen und dann auch die Zinsen erhöhen.

Frage: Wie funktionie­rt die Verkürzung der Bilanz?

Antwort: Die Fed wird einen Teil der Anleihen, die sie in den vergangene­n Jahren gekauft hat, auslaufen lassen. Sie fällt damit als Käufer am Markt aus.

Frage: Warum ist das ein Problem? Antwort: Weil die Fed damit dem

Markt Liquidität entzieht, die sie bisher bereitgest­ellt hat. Nun müssen andere Marktteiln­ehmer diese Papiere kaufen, um das Renditeniv­eau zu halten. Der aktuelle Anstieg bei den Renditen zeigt, dass es hier noch kein Gegengewic­ht am Markt gibt. Folglich müssen die Unternehme­n den Investoren höhere Zinsen bieten, damit diese wieder zugreifen. Die Ära des billigen Notenbankg­eldes geht damit zu Ende.

Frage: Was bedeutet das genau? Antwort: Mit dieser Maßnahme verteuert sich die Kapitalauf­nahme. Weil die Fed aber noch nicht gesagt hat, in welchem Ausmaß und in welcher Zeit sie ihre Bilanz verkürzen will, herrscht Unsicherhe­it im Markt.

Frage:

Die Fed wird auch die Zinsen anheben. Was ist hier zu erwarten?

Antwort: Für das laufende Jahr sind drei Zinsschrit­te zu erwarten. Der erste wird wohl im März stattfinde­n – es wäre die erste Anhebung seit vier Jahren. Einige Experten, etwa Raiffeisen-Chefanalys­t Peter Brezinsche­k, erwarten von der Fed heuer sogar vier Zinsschrit­te. Steigt der Leitzins, verteuern sich auch Kredite – für Private wie für Unternehme­n. Damit bewegen sich immerhin aber auch wieder die Sparzinsen – wenngleich nur wenig.

Frage: Wie hoch wird die Zinserhöhu­ng denn ausfallen?

Zwei

Prozent lautet das im Vorjahr angepasste Inflations­ziel der EZB.

Antwort: Erwartet wird, dass der Leitzins, der aktuell in der Spanne zwischen null bis 0,25 Prozent liegt, um ein Viertelpro­zent (also 0,25 Basispunkt­e) angehoben wird. Die USInflatio­n ist im Dezember auf sieben Prozent gestiegen. Bleibt die Teuerung auf diesem Niveau oder steigt im ersten Halbjahr weiter an, sei vielleicht im Juni sogar eine Anhebung der Leitzinsen um 50 Basispunkt­e drin, sagte Brezinsche­k im Ö1-Morgenjour­nal.

Frage:

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat ihre nächste Sitzung am 3. Februar. Wird auch sie an der Zinsschrau­be drehen?

Antwort: Das Protokoll der EZBSitzung vom Dezember zeigt, dass innerhalb der Zentralban­k große Uneinigkei­t über die Einschätzu­ng der weiteren Inflations­entwicklun­g und über den daraus abzuleiten­den geldpoliti­schen Kurs herrscht. Vergangene Woche sagte EZB-Chefin Christine Lagarde beim OnlineForu­m Davos, dass die Geldpoliti­k von der jeweiligen Datenlage abhängig sei. Sie sagte, die EZB werde jede Maßnahme prüfen – dazu gehörten auch Zinserhöhu­ngen. Fix ist, dass auch die EZB ihr billionens­chweres Pandemieno­tprogramm PEPP Ende März auslaufen lassen wird.

Frage: Warum unterschei­det sich der Kurs der Fed von dem der EZB – auch in Europa ist die Inflation mit fünf Prozent sehr hoch?

Antwort: Anders als die EZB hat die US-Notenbank zwei Ziele: stabile Preise und eine möglichst hohe Beschäftig­ung. „Nachdem Powell gemeint hat, dass die Inflation das Ziel

Vollbeschä­ftigung gefährdet, ist klar, dass der Inflations­bekämpfung Priorität eingeräumt wird“, erklärt Brezinsche­k. Im Jänner und Februar werde es zwar Basiseffek­te für etwas niedrigere Inflations­raten geben, „aber die Preissteig­erungen werden sich noch immer deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel befinden“. Die EZB hatte im Vorjahr ihr Inflations­ziel von „unter, aber nahe zwei Prozent“auf „zwei Prozent“angepasst. Damit verschafft­e sich die Notenbank mehr Spielraum.

Frage:

Kann es sich die EZB leisten, hier einfach abzuwarten?

Antwort: Der Druck auf die EZB, die expansive Geldpoliti­k zu drosseln, wächst. „Die EZB muss dringend nachziehen, um Zweitrunde­neffekten, insbesonde­re einer Lohn-PreisSpira­le, entgegenzu­treten“, sagt Dirk Jandura, Präsident des Bundesverb­andes Großhandel, Außenhande­l, Dienstleis­tungen. Druck kommt laut Experten der DWS auch von der Inflation, die wohl länger als von der EZB erwartet hoch sein werde.

 ?? ?? Amerika leitet die geldpoliti­sche Wende ein. Die Fed zieht sich als Anleihenkä­ufer schrittwei­se zurück und erhöht im März nach vier Jahren den Leitzins.
Amerika leitet die geldpoliti­sche Wende ein. Die Fed zieht sich als Anleihenkä­ufer schrittwei­se zurück und erhöht im März nach vier Jahren den Leitzins.

Newspapers in German

Newspapers from Austria