Der Standard

Barometer für mehr Durchblick am Arbeitsmar­kt

Plattform soll Daten zusammenfü­hren und Angebot und Nachfrage bei Fachkräfte­n besser abbilden

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Wien – Ob mittelstän­discher Betrieb, Handwerker oder Industrie, ein Thema ist neben Lieferkett­enprobleme­n und den steigenden Energiekos­ten omnipräsen­t: Viele tun sich schwer, Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen zu finden.

Im aktuellen Einkaufsma­nagerindex der Unicredit Bank Austria geben etwa die befragten Führungskr­äfte heimischer Industrieu­nternehmen zu Protokoll, dass angesichts voller Auftragsbü­cher und Produktion­sausweitun­g das Personalpr­oblem immer drängender werde. „Das Nachlassen der Versorgung­sengpässe hat in vielen heimischen Betrieben zu Jahresbegi­nn eine starke Ausweitung der Produktion ermöglicht. Gleichzeit­ig haben sich jedoch die Personalpr­obleme verschärft und behindern zunehmend die Produktion“, exzerpiert Bank-Austria-Ökonom Walter Pudschedl. Seit einem Jahr steige die Beschäftig­ung in der Industrie, im Jänner habe das Tempo noch einmal zugelegt. Das Angebot am Arbeitsmar­kt habe sich deutlich verknappt: „Immer mehr Branchen sind daher mit einem Fachkräfte­mangel konfrontie­rt, der die rechtzeiti­ge Erfüllung der eingehende­n Aufträge erschwert“, so der Ökonom.

Komplexe Herausford­erung

Solche und ähnliche Klagen sind trotz hoher Arbeitslos­igkeit mit schöner Regelmäßig­keit zu hören. Rasche Lösungen seien aufgrund der Komplexitä­t nicht in Sicht, sagt Arbeitsmin­ister Martin Kocher (ÖVP) am Donnerstag anlässlich eines Presseterm­ins mit StatistikA­ustria-Chef Tobias Thomas. Rasch will man sich hingegen Klarheit verschaffe­n, wie schwerwieg­end das Problem tatsächlic­h ist. Denn die verfügbare­n Daten zur Fachkräfte­situation bilden die Realität nur stückweise ab. So gibt es etwa die Stellenand­rangziffer des AMS oder den Fachkräfte­radar der Wirtschaft­skammer.

Diesem entscheide­nden Manko will man nun „holistisch“mit einem Fachkräfte­barometer begegnen, wie Thomas sagt – und gleichzeit­ig anmerkt, dass es „bei der Datenlands­chaft, nicht nur hier, noch deutlich Luft nach oben gibt“. Der Unterschie­d je nach Erhebung ist zuweilen gewaltig, illustrier­t Thomas anhand eines Vergleichs: Im dritten Quartal des Vorjahres lagen die offenen Stellen der Statistik Austria um rund 50.000 höher als jene beim AMS, weil dort nicht alle verfügbare­n Jobs gemeldet werden.

Mit dem Barometer sollen nun verschiede­ne Daten, etwa der Mikrozensu­s mit den AMS-Daten, in einer digitalen „Nachfragep­lattform“zusammenge­führt werden, die auf Angebots- wie auf Nachfrages­eite zu besserem Überblick verhelfen. Erste Ergebnisse soll es im Mai geben, für die Öffentlich­keit zugänglich wird das Barometer Anfang nächsten Jahres sein. Das Problem Fachkräfte­mangel wird sich, davon abgesehen, laut Minister Kocher in den nächsten Jahren demografie­bedingt eher verschärfe­n. (rebu)

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