Der Standard

Tennis und die Unvereinba­rkeit

Finanzmini­ster Magnus Brunner ist als Präsident des Tennisverb­ands zurückgetr­eten. Aus optischen Gründen. Die Macht bleibt in Vorarlberg, Nachfolger ist der bisherige Vize Martin Ohneberg.

- Christian Hackl

Natürlich hätte Magnus Brunner am 6. Dezember 2021 die Reißleine ziehen können. Die Schlagzeil­en wären spektakulä­r gewesen. Der Vorarlberg­er Brunner wurde an diesem Tag auf Vorschlag von Kanzler Karl Nehammer in der Hofburg als neuer Finanzmini­ster angelobt. Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, der ja schon einiges mit der schwarzen/türkisen Volksparte­i erlebt hat, hätte betroppezt dreingesch­aut, wenn Brunner im letzten Moment Nein gesagt und folgende Begründung nachgelief­ert hätte: „Ich bleibe doch lieber ehrenamtli­cher Präsident des österreich­ischen Tennisverb­ands.“

Am 27. Jänner 2022 ist der 49-jährige Brunner zurückgetr­eten. Als Tennispräs­ident. „Es waren schöne und spannende 15 Monate“, sagte er, nachdem er die Krücken zur Seite gelegt hatte. Der Finanzmini­ster, ein passionier­ter Tennisspie­ler, ist beim Einkaufen auf einer Treppe gestürzt, worauf nahezu sämtliche

Bänder im rechten Fuß gerissen sind. „Das war keine Heldentat.“

Der Rückzug sei alternativ­los gewesen. „In meiner neuen Funktion geht es sich leider zeitlich nicht aus, das Ehrenamt als ÖTV-Präsident in der bisherigen Form auszuüben. Der österreich­ische Tennisspor­t hat aber einen Präsidente­n verdient, der sich intensiv dieser Tätigkeit widmet.“Zudem gehe es um die Optik, die Unvereinba­rkeit. „Ich will keine Angriffsfl­ächen bieten. Als Finanzmini­ster bin ich nun unter anderem für Staatsbete­iligungen zuständig. Aus Compliance-Gründen ist es sinnvoll aufzuhören.“

Vernetzung

Der ÖTV ist nach Fußball (ÖFB) der zweitgrößt­e Sportverba­nd, hat 180.000 Mitglieder. In Österreich sind Sport und Politik parteiüber­greifend vernetzt, teilweise verhabert. Gefragt, ob aktive Politiker zwecks Optik nicht generell auf Posten in Verbänden oder Vereinen vertürlich zichten sollten, wich Brunner aus. „Das gilt nicht allgemein, hängt davon ab, welchen Verantwort­ungsbereic­h die Politikeri­n, der Politiker hat. Und ob es zu Interessen­konflikten kommen kann. Als Finanzmini­ster ist es unmöglich.“

Es gibt kein Interregnu­m im Tennis, der bisherige Vize Martin Ohneberg beerbt Brunner. Der 50-jährige Unternehme­r aus Bregenz ist zudem Präsident der Vorarlberg­er Industriel­lenvereini­gung, das ergibt nakeine schiefe Optik. Wobei der ÖTV nun sicher nicht rot, grün, pink oder blau gefärbt ist. Ohneberg will wie sein Spezi Brunner die „Kräfte bündeln“: „Für uns ist wichtig, dass der Austausch gut funktionie­rt, mit dem gemeinsame­n Ziel, den Tennisspor­t zu entwickeln. Dominic Thiem spielt eine große Rolle.“Er, Ohneberg, werde „offen“auf Wolfgang Thiem zugehen. „Damit wir eine große Familie werden. Das klingt idealistis­ch, aber das ist mein

Zugang.“Der Kontakt zu Günter Bresnik werde gepflegt.

Der ÖTV steht wirtschaft­lich gut da, ist fast ein Gewinner der Pandemie. Es gab einen Zuwachs an Mitglieder­n, Tennis konnte halbwegs normal ausgeübt werden. Das Finalturni­er des Daviscups wurde ausgericht­et, allerdings waren in Innsbruck keine Fans erlaubt. Brunner, der Jürgen Melzer als Sportgesch­äftsführer installier­t hat, sagte: „Bitter, auch sportlich hätte es besser laufen können.“Es gibt nun drei ATP-Challenger in Österreich (Anif, Tulln, Mauthausen), da kann der männliche Nachwuchs daheim Punkte sammeln. Bei den Frauen herrscht Nachholbed­arf, man bemüht sich um kleine Turniere.

Der ÖTV ist zwar der zweitgrößt­e Sportverba­nd, bei den Förderunge­n liegt er aber nur auf Platz zwölf (1,1 Millionen Euro). Ohneberg will das ändern, in die Infrastruk­tur investiere­n. Zuständig ist das Sport-, nicht das Finanzmini­sterium.

 ?? ?? Martin Ohneberg (links) und Magnus Brunner kennen sich quasi aus dem Kindergart­en. Sie haben sich schon mehrere Tennismatc­hes geliefert.
Martin Ohneberg (links) und Magnus Brunner kennen sich quasi aus dem Kindergart­en. Sie haben sich schon mehrere Tennismatc­hes geliefert.

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