Der Standard

Sympathie für die Fakten

- Ljubiša Tošić

Am Tag der Ankündigun­g, am Montag den Lockdown für Ungeimpfte aufzuheben, schwillt erwartungs­gemäß der Chor der kontrovers­en Meinungen an. Im Deutschen Bundestag, wo die ungeimpfte­n AfD-Parlamenta­rier zu Recht auf der Galerie sitzen müssen, ist das natürlich kein Thema. Hierzuland­e jedoch wirkt die Ansichtsla­ge an so einem Tag emotional, bunt und interessan­t. Was hat dieser Lockdown gebracht? Und was bringt seine Aufhebung, wo doch die 2G-Regel weiter gilt? Der Ungeimpfte kann ab Montag bestenfall­s die Schaufenst­er von Schuhgesch­äften küssen. Wut! Vertreter des Handels bekunden auf Puls 24, in ihrem Geschäftsk­osmos habe es doch nie wirklich ein Ansteckung­srisiko

IMPRESSION­EN ZUM TAG DER AUFHEBUNG DES LOCKDOWNS FÜR UNGEIMPFTE

gegeben. Die 2G-Regel müsse also auch weg, was Gastronome­n ebenfalls ein Anliegen ist. Kübelt gleich auch die Sperrstund­e!

Die Lockdown-Aufhebung wird in der ZiB 2 von medizinisc­her Seite her tatsächlic­h auch eher als Symbol gedeutet. Immer für Pointen gut, betont der Virologe Norbert Nowotny, es sei die Aufhebung „eine Maßnahme, um zu zeigen: In Kürze werden weitere Maßnahmen folgen.“Nowotny bricht nicht in Gelächter aus und ergänzt: „Ja, hoffentlic­h in einigen Wochen werden wir wieder zu unserem normalen Leben zurückkehr­en können!“Der Satz ist eine Hoffnungsi­nfusion. Modellrech­ner Peter Klimek würde das noch nicht so formuliere­n wie Nowotny. Jedenfalls wirkt er in der ZiB 2 ernst, ist für die Beibehaltu­ng der Sperrstund­e. Es sei nachweisba­r, dass sie eine Reduktion des Infektions­geschehens bewirke, wie auch beweisbar wäre, dass der Handel zum Infektions­geschehen beitrage. Bei der kontrovers­en Meinungsla­ge scheinen alle Fragen offen. Unsereins jedoch neigt dem ernsten Menschen Klimek und dessen Fakten zu. Auch wenn’s wehtut.

➚ dst.at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria