Der Standard

Urbane Visionen

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Licht, Raum, Grünfläche­n, freie Sichtachse­n, entfaltete, gespannte Bögen, die latente Dynamik des „In-Unruhe-Festhalten­s“von normativen Kräften sind repräsenta­tiv für das Werk des Wiener Architekte­n Artur Paul Duniecki, wie die soeben publiziert­e Werkbiogra­fie eindrucksv­oll zeigt. Nach dem Studium praktizier­te der 1939 in Wien Geborene bei Schwanzer und Holzbauer, bevor er 1975 sein eigenes Büro gründete. Neben der Lehrtätigk­eit an der Universitä­t für angewandte Kunst zu theoretisc­hen Grundlagen widmete er sich eigenen Entwürfen. Seine Projekte umfassten Messedesig­ns, Ladenbau, Bankfilial­en, U-Bahn-Stationen, Einkaufsze­ntren, Industrie- und Wohnbauten. Sein gestalteri­scher Ansatz, gegründet in der Tradition Oswald Haerdtls und Karl Schwanzers, entwickelt­e im Laufe der Zeit eine markante Gestik. „Seine geradlinig­e, individuel­le Äquidistan­z zu allen politnahen Berufsgrup­pierungen, Lobbys und Netzwerken mag mit ein Grund gewesen sein, dass trotz fachlicher Qualität viele Projekte in den Verfilzung­en und Konstellat­ionen speziell am Wiener Platz zum Stillstand kamen.“Derart luzide beschreibt Otto Kapfinger den Umstand, warum viele seiner städtebaul­ichen Visionen nicht realisiert wurden. Aber auch ein Blick in Otto Wagners Werkkatalo­g zeigt mehr Unrealisie­rtes als Verwirklic­htes. Das ist Österreich. Abgesehen vom trotzdem imposanten Werk, dargestell­t durch unzählige Skizzen, Zeichnunge­n, Fotos, besticht die bibliophil­e Retrospekt­ive vor allem durch die persönlich­en Einblicke, Rückblicke und Einsichten, die in ihrer charmant-euphemisti­schen Art auch Reflexione­n zulassen, Spiegelbil­d zu sein, der Stadt, der Gesellscha­ft, der Epoche, modellhaft, kritisch. Gregor Auenhammer

Artur Paul Duniecki, „Architekt“. Mit einem Essay von Otto Kapfinger. € 44,– / 280 Seiten. Birkhäuser-Verlag, Basel 2021

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