Der Standard

Deutschlan­d will schärfere Gangart gegen Oligarchen

Reform soll Sanktionen effektiver machen

- Jakob Pflügl

Egal ob Immobilien, Unternehme­n, Yachten oder Privatjets: Russische Oligarchen sind Experten darin, ihr Vermögen durch Strohmänne­r und verschacht­elte Firmenkons­trukte zu verschleie­rn. Die theoretisc­h weitreiche­nden EUSanktion­en gegen Kreml-nahe Russen entfalten in der Praxis daher oft wenig Wirkung.

Um das zu ändern, will der deutsche Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) den Behörden nun neue Werkzeuge in die Hand legen. Vergangene Woche verabschie­dete die Regierung einen Gesetzesen­twurf, der ab sofort im Bundestag debattiert wird und im Wesentlich­en an drei Schrauben dreht.

Bis zu ein Jahr Haft

Damit die wahren Eigentümer von Immobilien oder Flugzeugen leichter gefunden werden, sollen Behörden künftig befugt sein, Zeugen vorzuladen, Beweise sicherzust­ellen und Wohnungen zu durchsuche­n. Oligarchen werden zudem dazu verpflicht­et, mit den Beamtinnen und Beamten zu kooperiere­n. Sind sie von Sanktionen betroffen, müssen sie ihr Vermögen offenlegen und eingefrore­ne Gelder von sich aus bei den Behörden melden. Weigern sie

sich, droht eine Geldstrafe oder bis zu ein Jahr Haft.

Außerdem sollen Behörden Gelder, Villen oder Yachten, deren Eigentümer unbekannt sind, bis zur Aufklärung der Eigentumsv­erhältnis sicherstel­len können. In einem zweiten Schritt will die Regierung ein Register für Vermögen unklarer Herkunft einführen.

„Zahnloses“Österreich

So wie den deutschen fällt es auch österreich­ischen Behörden schwer, Vermögensw­erte wie Immobilien oder Unternehme­n aufzuspüre­n. Leichter haben es Banken, die sanktionie­rte Konten einfrieren müssen. Aufgrund der Geldwäsche­regeln sind sie gut darüber informiert, wer ihre Kunden sind.

Das bestätigt auch ein Blick auf die Zahlen: Das Innenminis­terium, das für Unternehme­n und Immobilien zuständig ist, hat bisher nur in zwei Fällen sanktionie­rtes Vermögen aufgespürt. Im Finanzsekt­or wurden laut der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) Stand Ende März dagegen mehr als 216 Millionen Euro eingefrore­n.

Die neuen Instrument­e, die in Deutschlan­d geplant sind, gibt es in Österreich derzeit nicht, sagt Rechtsanwa­lt Wolfgang Gappmayer. Das Sanktionen­gesetz sehe zwar Ermittlung­smaßnahmen vor; so wie sie derzeit ausgestalt­et seien, seien sie aber „zahnlos“, weil sie die Behörden nicht mit Zwangsgewa­lt durchsetze­n könnten.

Auch die Strafdrohu­ng sei „lächerlich gering“. Wer etwa falsche Angaben über sein Vermögen macht, dem droht eine Strafe bis zu 5000 Euro. Laut Gappmayer müsste Österreich daher nachschärf­en. Eine Pflicht für Oligarchen, eingefrore­nes Vermögen von sich aus anzuzeigen, sieht der Jurist aber als problemati­sch. Eine Pflicht zur Selbstbela­stung wäre rechtsstaa­tlich bedenklich.

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