Der Standard

Banken-IT aus Manila

Am Montag sollte der Vertrag unterschri­eben werden, mit dem Accenture das Bankenrech­enzentrum ARZ kauft. Auslagerun­gen sollen folgen.

- Renate Graber

Der Sack ist fast zu, könnte man sagen. Das Beratungsu­nternehmen Accenture will das Allgemeine Rechenzent­rum (ARZ GmbH) der Banken kaufen, das u.a. die IT-Systeme von Volksbanke­n und Hypos sowie von kleineren Instituten wie der Bank-Austria-eigenen Schoellerb­ank betreibt. Da geht es um Softwareen­twicklung ebenso wie die Kernbanken­systeme, IT-Netzwerke bis hin zu Banking-Apps. Die Geldhäuser sind Eigentümer der ARZ GmbH – und das wird sich nun ändern.

Geld fließt nicht

Am Freitag sollte der Verkauf an Accenture beschlosse­n, am Montag unterschri­eben werden, das hat DER STANDARD erfahren. Das ist dann nicht geschehen, die potenziell­en Verkäufer sehen noch Klärungsbe­darf. Bares Geld dürfte bei dem Deal nicht fließen: Accenture bietet quasi einen bestimmten Betrag, mit dem die großen Projekte der nächsten Jahre abgearbeit­et werden. Da geht es etwa um die neue Modellieru­ng von Kernbanken­systemen, die Umsetzung von Regulatori­en oder von erhöhten Sicherheit­sstandards und deren Abbildung in den IT-Systemen.

Der Deal ist von großer Bedeutung, sind doch die Daten von Banken höchst sensibel. Lagern sie in diesem Bereich etwas aus, so hat die Aufsicht ein sehr gewichtige­s Wort mitzureden. Die jeweilige Bank muss

Änderungen bei den Aufsehern anzeigen, und die können dann innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch erheben bzw. Vorgaben machen. Besonders heikel wird es datenschut­zmäßig, wenn Drittstaat­en auf die Verarbeitu­ng von Daten von EU-Bürgern Zugriff bekommen.

An dieser Stelle lassen die Pläne von Accenture aufhorchen. Das Unternehme­n will, wohl aus Kostengrün­den, Dienstleis­tung auf die Philippine­n auslagern und nach Indien.

Und: All das ist auch schon auf Schiene. Vor kurzem war eine Abordnung des ARZ (sie hat ihren Hauptsitz in Innsbruck; auch das Land Tirol und Tirol Kliniken zählen zu seinen Kunden und Eignern) in Manila, um das weitere Procedere zu besprechen. Im ARZ werden bereits die ersten Vorbereitu­ngen getroffen, damit die Übergabe an philippini­sche Mitarbeite­r klappt. Drei Monate lang sollen sie den Innsbrucke­rn bei deren Arbeit quasi über die Schulter schauen (digital natürlich), danach sollen die Österreich­er sie noch drei Monate unterstütz­en. Nach sechs Monaten soll die Transforma­tion dann abgeschlos­sen sein.

Das Personal – das ARZ hat in Tirol und Wien rund 630 Beschäftig­te – soll gemäß Afrag übernommen werden; eine Gesellscha­ft dafür gibt es bereits. Am 1. April wurde die Accenture Tigital GmbH gegründet, eine 100-Prozent-Tochter der Accenture GmbH. Ihren Sitz hat sie an der ARZ-Adresse in Innsbruck. Angeblich

soll Accenture mit dem Land Tirol ausgemacht haben, dass eine bestimmte Anzahl von IT-Fachkräfte­n (die Rede ist von rund 400) von Accenture in Tirol beschäftig­t wird.

Das ARZ selbst bleibt Vertragspa­rtner, soll zwischen Accenture und Kunden geschaltet werden. Accenture übernimmt die Dienstleis­tung im Hintergrun­d, heißt es in informiert­en Kreisen. Und sollte die Aufsicht dereinst Vorbehalte gegen die Auslagerun­gen äußern, werde man eben auf europäisch­e Länder ausweichen – wo die Services freilich teurer kommen. Schultern müssten das dann wohl die Kunden.

Bescheiden­es Ergebnis

Die IT-Leistungen des ARZ galten zuletzt als etwas verstaubt, bei Innovation­en und Investitio­nen gebe es Nachholbed­arf. Allerdings kann das ARZ, das nicht gewinnorie­ntiert arbeitet, wegen eines Steuervort­eils (unechte MWSt-Befreiung) seine Leistungen um 20 Prozent billiger anbieten. Die Kosten verrechnet es seinen Kunden weiter, die ja gleichzeit­ig die Eigentümer sind. Dieser Kostenvort­eil wird bei Accenture künftig wegfallen.

Allfällige Überschüss­e bekommen die Banken und übrigen ARZ-Eigentümer ausbezahlt – wenn es welche gibt. 2021 soll das nicht der Fall gewesen sein, angeblich wären Zuschüsse fällig gewesen. Die involviert­en Unternehme­n gaben keine Stellungna­hme ab.

 ?? ?? Banken-IT-Systeme sind das Herzstück von Geldinstit­uten und sensibel. Das Rechenzent­rum von Volksbanke­n und Hypos wird nun verkauft.
Banken-IT-Systeme sind das Herzstück von Geldinstit­uten und sensibel. Das Rechenzent­rum von Volksbanke­n und Hypos wird nun verkauft.

Newspapers in German

Newspapers from Austria